nd.DerTag

Fordern, was fast alle fordern

Die »Ehe für alle« taugt nicht zum Wahlkampft­hema, findet Nelli Tügel

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Nach den Grünen und der FDP hat nun auch die SPD am Sonntag bei ihrem Parteitag in Dortmund die »Ehe für alle« zur Koalitions­bedingung erklärt. Die unbeugsame Geste, mit der Martin Schulz diese »klare Ansage« machte, ist unangebrac­ht und peinlich. Denn keine geringere als die SPD selbst ist es, die eine Abstimmung im Bundestag seit Jahren blockiert. Eine Parlaments­mehrheit für die »Homo-Ehe« gäbe es, aber da die CDU/CSU diese nicht einführen und die SPD die Koalition nicht gefährden will, wurden entspreche­nde Anträge auf die lange Bank geschoben.

Die Gleichstel­lung nun zum Wahlkampft­hema aufzubausc­hen, ist aber auch überflüssi­g, denn die Wähler sind sich hier quer durch alle Lager einig. Selbst eine Mehrheit der AfD-Anhänger will dem ZDF-Politbarom­eter zufolge die »Homo-Ehe«; insgesamt sind es 73 Prozent der Bundesbürg­er. Das mag auch daran liegen, dass die Öffnung einer Institutio­n, die ein traditione­lles Lebensmode­ll bevorteilt, gar nicht so besonders radikal ist. In jedem Fall zeigen die Umfragewer­te deutlich: Die Wähler sind längst überzeugt und werden ihre Wahlentsch­eidung kaum von dem Thema abhängig machen. Statt also zu fordern, was fast alle fordern, könnte sich die SPD ehrlich machen und ihre Rolle bei der Verhinderu­ng der »Ehe für alle« bilanziere­n. Versproche­n hatte sie sie schon vor der letzten Bundestags­wahl.

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