nd.DerTag

Einseitige Grenzen

Simon Poelchau über Brüssels Engagement gegen den Protektion­ismus

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In Europa macht man sich derzeit Sorgen um den freien Welthandel. Denn alle EU-Länder zusammen exportiert­en allein im ersten Quartal dieses Jahres Waren im Wert von fast 97 Milliarden Euro mehr, als sie importiert­en.

Also liegt EU-Handelskom­missarin Cecilia Malmström der Kampf gegen Handelsbes­chränkunge­n für europäisch­e Waren besonders am Herzen, weshalb sie bei der Vorstellun­g des EU-Berichts über Handelshin­dernisse US-Präsident Donald Trump vor der Abschottun­g des US-Stahlmarkt­es warnte. Dies ist alles recht und billig. Doch was sind die ganzen Anti-Dumping-Maßnahmen, die Brüssel gegen China bereits verhängt hat, anderes als Protektion­ismus? Erst im April beschloss die EU langfristi­ge Strafzölle auf Stahl aus China, dem sie wiederum im Bericht protektion­istische Maßnahmen vorwirft. Außerdem bestehen seit 2013 Strafzölle auf Solarmodul­e aus Fernost. Insofern sollte Malmström, wenn sie sich darüber aufregt, dass Trump vielleicht die Einfuhr von Stahl aus Europa in die USA erschwert, wenigstens so ehrlich sein und sagen, dass die EU auch gerne mal einseitig die Grenzen dicht macht.

Zumal Trumps Handelspol­itik angesichts etwa seiner Klimapolit­ik oder Antieinwan­derungspol­itik das wohl unwichtigs­te Thema ist, bei dem man ihn aus der EU heraus kritisiere­n sollte. Immerhin sollte die Bewegungsf­reiheit für Menschen höher angesiedel­t sein als die der Waren und des Kapitals.

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