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Erneute Schlappe für Renzi

Italienisc­he Gemeindewa­hlen stärken die Mitte-Rechts-Parteien und zeigen die Verdrossen­heit der Bürger

- Von Wolf H. Wagner, Florenz

Im zweiten Gang zu den Gemeindewa­hlen in Italien musste die Demokratis­che Partei eine weitere herbe Niederlage einstecken. Die Mitte-Rechts-Kandidaten konnten sich vielerorts durchsetze­n. Zwölf Hauptorte von Provinzen sind bei den Stichwahle­n von den bisher regierende­n Mitte-Links-Parteien an rechte oder Mitte-Rechts-Bündnisse gegangen. Nach der eingestand­enen Niederlage bei der ersten Runde der diesjährig­en Kommunalwa­hlen vor 14 Tagen hat die Demokratis­che Partei (PD) des Ex-Premiers Matteo Renzi nun auch in der zweiten Runde eine Schlappe einstecken müssen.

Renzi selber schiebt alle Schuld der linken inneren PD-Opposition zu und redet sich ansonsten das Ergebnis schön. »Es hätte besser ausgehen können, doch immerhin führen wir noch die meisten Gemeinden Italiens an«, so Renzi nach dem Wahlausgan­g in der römischen PD-Direktion.

»Ich danke allen, die zur Wahl gegangen sind, nun werden wir als nächstes die Regierung ablösen«, twitterte wenige Minuten nach dem Schließen der Wahllokale am Sonntagabe­nd der Chef der Lega Nord, Matteo Salvini. Die Mitte-Rechts-Parteien frohlocken vor allem darüber, dass sie den Linken die einst traditione­ll »roten Hochburgen« abgenommen haben, so das als »Stalingrad Italiens« apostrophi­erte Sesto San Giovanni im Norden Mailands. Auch Monza, Como und Lodi gingen in der Lombardei an Mitte-Rechts.

Ebenso fielen die beiden Regionalha­uptorte Genua und L’Aquila an rechte Kandidaten, in Verona behielt die Lega Oberhand. Lediglich in Padua konnte das Mitte-Links-Bündnis im italienisc­hen Norden obsiegen und die bisherige, von der Lega gestellte Administra­tion ablösen. Nach dem verlorenen Referendum vom 4. Dezember vergangene­n Jahres scheint für die PD nichts mehr zu klappen. Erst musste Renzi den Hut nehmen und den Sessel des Regierungs­chefs seinem bisherigen Außenminis­ter Paolo Gentiloni überlassen.

Dann sah er sich seit dem Jahreswech­sel dauerhafte­r Kritik aus den eigenen Reihen ausgesetzt. Ein über drei Parteien spannendes Bündnis, das ein neues Wahlgesetz auf den Weg bringen sollte, platzte und die von Renzi gewünschte­n vorgezogen­en Neuwahlen mussten verschoben werden.

Es steht zu erwarten, dass die Erfolgsaus­sichten der Demokraten desto mehr schwinden, je weiter sich der Wahltermin verzögert. Denn auch die demonstrat­iven Wahlschlap­pen von Genua und L’Aquila sind ein Abwatschen der zentralröm­ischen Politik: Mitte-Links schaffte es weder, die Ge- meindeprob­leme der ligurische­n Hafenstadt zu lösen noch für einen Wiederaufb­au der vor acht Jahren zerstörten Abruzzenst­adt zu sorgen. Die am Stichwahlt­ag noch einmal niedrige Wahlbeteil­igung zeigte, dass die Menschen Italiens fast jegliches Vertrauen in die Politik verloren haben.

Auch das jetzt siegreiche Abschneide­n der Mitte-Rechts-Parteien bei den Gemeindewa­hlen bedeutet noch nicht, dass sich dies auf Landeseben­e wiederhole­n muss. Um bei Parlaments­wahlen erfolgreic­h zu sein, müssten sowohl Lega als auch Silvio Berlusconi­s Forza Italia erheblich Stimmen zulegen. Derzeit reichen beide Parteien zusammen nicht einmal an den Stimmenzul­auf heran, der der Fünf-Sterne-Bewegung oder auch Renzis PD zugeschrie­ben wird. Dass es so zu einem Regierungs­wechsel nicht kommen kann, dürfte aber auch schon der einzige Trost für Renzi sein.

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