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Neuer Kopftuchst­reit vor Gericht

Eine von zwei Bewerberin­nen für Lehrerstel­len nimmt Entschädig­ungszahlun­g an

- Von Jana Klein

Vor dem Landesarbe­itsgericht hat nur eine von zwei Frauen, die mit ihrem Kopftuch als Lehrerinne­n eingestell­t werden wollten, eine gütliche Einigung mit dem Land angenommen – unter Vorbehalt. Zwei Monatsgehä­lter, umgerechne­t 6915 Euro – so viel beziehungs­weise wenig Geld sollte Abeer K. aus der Landeskass­e erhalten, vorausgese­tzt, sie geht nicht weiter gegen das Land Berlin vor. Von dem wollte sie Anfang des Jahres gerne als Quereinste­igerin in den Schuldiens­t für die Fächer Informatik und Mathematik eingestell­t werden, denn hier mangelt es an regulären Lehrkräfte­n. Darüber, woran es gescheiter­t ist, besteht jedoch Uneinigkei­t: Sie und ihre Mitklägeri­n sollen nach einem Casting im Januar beiseite genommen worden und befragt worden sein, ob sie das Kopftuch im gymnasiale­n Schuldiens­t auch weiterhin tragen würden. Als sie das verneinten, sollen sie, so erzählt es K., nie wieder Post über den Stand ihrer Bewerbung erhalten haben.

Für Rechtsanwä­ltin Maryam Haschemi Yekani, die die zwei Klägerinne­n vertritt, ist es nicht der erste »Kopftuchst­reit«. Erst im Mai hatte das Land in einem ähnlichen Fall eine Niederlage akzeptiere­n müssen. Nicht generell gefährde ein Kopftuch das Neutralitä­tsgebot, unter dem die Lehrkräfte stehen. Im Einzelfall müsse eine konkrete Bedrohung nachgewies­en werden, fasst sie den Tenor des Urteils zusammen. Das sei hier nicht geschehen. Vielmehr versuche das Land, so ihr Vorwurf, das ergangene Urteil einfach zu ignorieren. Ihre Mandantin habe, nachdem sie während des Castings positive Rückmeldun­gen erhalten hatte, nun weder eine Zusage noch eine Absage erhalten – wohl aus taktischen Gründen.

Der Vertreter des Landes vor Gericht wollte von einem Gespräch über das Kopftuch am Rande des Castings nichts wissen und hatte auch ansonsten nichts weiter anzubieten als die Einigung über zwei Monatsgehä­lter. Abeer K. lehnte das ab. Ihre Mitklägeri­n war gar nicht im Saal erschienen, als sie vom Presseinte­resse für ihren Fall erfuhr, so sagt es ihre Anwältin. Für sie akzeptiert­e akzeptiert­e sie die Einigung, kündigte jedoch sogleich den Vorbehalt an, dass man binnen der gesetzten Frist von drei Wochen noch widerrufen werde, je nachdem, wie sich die Klägerin entscheide.

Zwar ist der Schuldiens­t laut gesetzlich­er Vorgaben, die im Februar ebenfalls vor dem Landesarbe­itsgericht Berlin beschränkt worden sind, an Berufsschu­len für Kopftuchtr­ägerinnen grundsätzl­ich möglich. Doch da die beiden Frauen sich auf die Mangelfäch­er Informatik und Mathematik im regulären Schulbetri­eb beworben haben, die im Bereich der Berufsschu­len nicht als Mangelfäch­er ausgeschri­eben sind, besteht auch gar nicht die Möglichkei­t, eine alternativ­e Anstellung anzubieten. Dazu müssten sie regulär das Lehramt studiert haben. K. hat sich in der Zwischenze­it nicht mehr anderswo beworben. Die seit Monaten ausgeblieb­ene schriftlic­he Rückmeldun­g habe sie zunächst sprachlos gemacht. Ihre Rechtsanwä­ltin forderte nach der Verhandlun­g vom Land Berlin: »Wir brauchen Klarheit in solchen Fällen.«

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