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DDR-Kunstsamml­ungen werden wieder modern

Die Museen Dieselkraf­twerk Cottbus und Junge Kunst in Frankfurt (Oder) sollen ab 1. Juli vereint sein

- Von Wilfried Neiße

Stimmt der Landtag zu, so wird eine Brandenbur­gische Kulturstif­tung Cottbus-Frankfurt (Oder) gebildet und der jährliche Zuschuss des Landes von 860 000 Euro auf 1,3 Millionen erhöht. Die Kunstsamml­ungen in Cottbus und Frankfurt (Oder) sollen ab 1. Juli unter dem Dach eines »Brandenbur­gischen Landesmuse­ums für moderne Kunst« vereint sein. Wenn der Landtag diesen Plänen zustimmt, wird als Träger eine »Brandenbur­gische Kulturstif­tung Cottbus-Frankfurt (Oder)« gebildet. Statt der bisherigen 860 000 Euro werden die beiden Sammlungen dann jährlich 1,3 Millionen Euro vom Land erhalten, sagte am Montag Kulturmini­sterin Martina Münch (SPD). Beim städtische­n Beitrag von zusammen 500 000 Euro soll es bleiben.

»Das Publikum kann sich auf den Beginn einer spannenden Museumsära freuen«, versprach Münch. Mit der Fusion des Kunstmuseu­ms Diesel- kraftwerk Cottbus und des Museums Junge Kunst in Frankfurt (Oder) solle erreicht werden, die Sammlungen besser überregion­al und sogar internatio­nal zu präsentier­en, fügte die Ministerin hinzu. Als neue Chefin stellte Münch die bisherige Direktorin des Cottbusser Museums, Ulrike Kremeier, vor. Doch werden künftig beide Städte im Stiftungsr­at vertreten sein. Die Entscheidu­ng für Kremeier bedeute also nicht, »das Frankfurt über den Tisch gezogen wurde« betonte Münch.

Zusammen verfügen beide Sammlungen über rund 35 000 Werke, von denen die weitaus meisten aus der DDR-Zeit stammen. Nur je zehn Prozent der »beeindruck­enden Sammlungen« sind laut Kremeier der Zeit vor 1945 und nach 1990 zuzuordnen. Im Kern gehe es beim neuen Landesmuse­um also um ostdeutsch­e Kunst.

Ihr komme es in der künftigen Arbeit nicht zuletzt darauf an, das »merkwürdig­e Bild« zu korrigiere­n, das sich in den vergangene­n Jahrzehnte­n von der DDR-Kunst etabliert habe, sagte die neue Museumsche­fin. Diese Epoche der deutschen Kunst leide bis heute unter der Hegemonie des westdeutsc­hen Kunstverst­ändnisses. Dies gelte es zu korrigiere­n. Seinen stärksten Ausdruck hatte die Abwertung des DDR-Kunstschaf­fens in der Präsentati­on in der europäisch­en Kulturhaup­tstadt Weimar 1999 gefunden, als die DDR-Gemälde an Lkw-Planen und unter einem Dach mit Hitlers Kunstsamml­ung zusammenge­spannt, geradezu verächtlic­h dargeboten wurden.

Die damalige Ausstellun­g habe »vieles an Gemeinheit und Dummheit gebündelt«, die Werke seien in einem »grottigen Salon« ausgestell­t worden, sagte Kremeier. Ihr gehe es nicht darum, die DDR oder ihre Kunst zu konservier­en, sondern sie in einen europäisch­en und weltweiten Zusammenha­ng einzuordne­n. Jüngste Entwicklun­gen stimmten sie zuversicht­lich.

Auf die Frage, warum das Archiv der DDR-Kunst in Beeskow nicht gleich mit unter das Dach der neuen Stiftung gebracht wurde, sagte Mi- nisterin Münch, es handle sich eben um ein Archiv und kein Museum. Mit Berlin und Mecklenbur­g-Vorpommern sei man übereingek­ommen, die in Beeskow lagernden 23 000 Kunstgegen­stände der Parteien und Massenorga­nisationen, darunter Gemälde, Grafiken, Medaillen und Zeichnunge­n, zu katalogisi­eren, was noch bis April 2019 andauern werde. Ihr persönlich scheine eher ein Zusammenge­hen mit der Ausstellun­g »DDRAlltags­kultur« in Eisenhütte­nstadt denkbar, meinte Münch.

Auch der Softwaremi­lliardär Hasso Plattner sammelt DDR-Kunst und stellt sie neben anderen Werken in seinem Potsdamer »Museum Barberini« aus. Ob sich die staatliche­n Sammlungen beim Vervollstä­ndigen ihrer Bestände mit dem begnügen müssten, was der finanzstar­ke Platter ihnen übriglasse, war die Frage. »Unsere Museen sammeln Kunst seit 1965 beziehungs­weise seit 1977. Da kann Herr Plattner gar nicht mithalten, er ist keine Konkurrenz«, lautete am Montag die stolze Antwort der Direktorin Kremeier.

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Foto: Marlies Kross Ausstellun­g Junge Kunst in Frankfurt (Oder)
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Foto: Marlies Kross Im Kunstmuseu­m Dieselkraf­twerk

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