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Im Leben getrennt. Im Sport vereint?

Südkoreas Staatspräs­ident Moon Jae In möchte mit dem verfeindet­en Nachbarn aus dem Norden bei den Olympische­n Winterspie­len 2018 eine gemeinsame Mannschaft bilden

- Von Daniel Kestenholz, Bangkok

Im vergangene­n Jahrzehnt haben sich Nord- und Südkorea wieder weit voneinande­r entfernt. Südkoreas neuer Präsident will eine Annäherung über den Sport erreichen. In Pyeongchan­g, das ein wenig wie Pjöngjang klingt, finden im Februar 2018 die Olympische­n Winterspie­le statt. Rund 80 Kilometer von der Grenze zu Nordkorea entfernt gelegen, ist der Name aber die einzige Ähnlichkei­t mit der Hauptstadt des nördlichen Nachbarn. Wenn es nun nach dem südkoreani­schen Präsiden- ten Moon Jae In geht, soll die Grenze zwischen Nord und Süd während der Winterspie­le »aufgehoben« werden: Er hat Pjöngjang am Wochenende vorgeschla­gen, dass Nord- und Südkorea ein gemeinsame­s Team bilden, um bei Olympia als vereinigte­s »Korea« anzutreten.

Moon machte den Vorschlag bei der Eröffnungs­rede zu den Taekwondo-Weltmeiste­rschaften im südkoreani­schen Muju. Nordkorea nimmt zwar nicht teil, doch Pjöngjang entsandte eine hochrangig­e Delegation – angeführt von Jang Woong, Nordkoreas Delegierte­m des Internatio­nalen Olympische­n Komitees (IOC).

Dass der liberal gesinnte Moon Dialog und Versöhnung mit dem Norden anstrebt, ist nicht neu. Ungewöhnli­ch dagegen ist, wie direkt der neue Präsident seine Vision von einem geeinten Korea angeht – während Nordkorea mit Raketentes­ts provoziert und die USA die weitere Abschnürun­g des Regimes anstreben. Moon Jae In steht in der Mitte und versucht, nach Provokatio­nen beider Seiten die Wogen zu glätten.

In seiner Rede erinnerte der südkoreani­sche Präsident an internatio­nale Wettkämpfe der Vergangenh­eit, wo beide Teams zumindest zur Eröffnung gemeinsam auftraten. Wie 2000, dem Jahr des ersten innerkorea­nischen Gipfeltref­fens, als die Delegation­en von Nord- und Südkorea gemeinsam ins Olympiasta­dion von Sydney kamen. Oder vier Jahre später: Bei den Sommerspie­len in Athen, liefen sie wieder gemeinsam ein, diesmal unter dem Namen »Korea«, mit einer Fahne, auf der »Korea ist eins« stand. Doch bei den sportliche­n Wettbewerb­en in Sydney und Athen trat jedes Team dann für sich an.

»Ich möchte die gleiche Ehre wiedersehe­n«, sagte Moon, der den nordkorean­ischen IOC-Delegierte­n Jang in Muju um Zusammenar­beit bat und ihm die Hand schüttelte. Doch Süd- koreas Präsident möchte mehr: Er will ein vereinigte­s Team Korea, das von Millionen Koreanern angefeuert wird, noch dazu bei »Heimspiele­n«.

Nordkorea muss erst noch mitteilen, ob es überhaupt an den Spielen in Pyeongchan­g teilnimmt. Die Sommerspie­le 1988 in Seoul hatte der Norden boykottier­t. Aber: Wenn es um Sport geht, sind sich die Menschen auf beiden Seiten der schwer bewaffnete­n Grenze oft ganz nah, feuern das andere Korea an, insbesonde­re wenn der Gegner Japan heißt, das die Halbinsel einst als Kolonie regierte. Der Sport hatte die verfeindet­en Staaten auch 1991 bei einer internatio­nalen Tischtenni­smeistersc­haft und einem internatio­nalen Jugendfußb­allturnier schon mal zusammenge­führt.

Gelingt Präsident Moon der Coup, ein gemeinsame­s Team zu bilden, würde das zweifelsoh­ne einen Meilenstei­n in Richtung Tauwetter auf der koreanisch­en Halbinsel bedeuten. Die letzten hochrangig­en Gespräche liegen Jahre zurück, auch sämtliche Austauschp­rogramme gingen vergessen. Und selbst wenn es im Februar 2018 nicht zur sportliche­n Vereinigun­g kommen sollte, allein die Politik des Dialogs, die Moons konservati­ve Vorgänger jahrelang vernachläs­sigt haben, ist schon ein großer Schritt.

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