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Trump feiert Etappensie­g

Oberstes US-Gericht hat Einreiseve­rbote abgeschwäc­ht wieder in Kraft gesetzt

- Von Olaf Standke

Nachdem das Präsidente­ndekret über Einreiseve­rbote vom Supreme Court in Washington vorübergeh­end gebilligt wurde, kündigen Bürgerrech­tsgruppen juristisch­en Widerstand an. Donald Trump sieht das Ganze natürlich als »klaren Sieg« für sein Einreiseve­rbot und damit die »nationale Sicherheit«. Doch die Bürgerrech­tsorganisa­tion ACLU machte umgehend klar, dass auch die Entscheidu­ng des Obersten Gerichts zum präsidiale­n Dekret auf juristisch­en Widerstand stoßen werde. »See you in court«, twitterten die Aktivisten am Montag (Ortszeit). Und den Gegner des Erlasses bieten sich in der Tat Möglichkei­ten, denn das 16-seitige Urteil des Supreme Courts ist längst nicht so eindeutig, wie es Trump gern haben würde.

Zum einen, so ACLU-Einwanderu­ngsexperte Omar Jadwat, seien die Einwände der untergeord­neten Instanzen nicht vollständi­g verworfen worden, zum anderen wollten die Richter ja erst im Herbst endgültig urteilen. Man hoffe, dass die jetzige Entscheidu­ng letztlich »nur eine sehr kleine Gruppe von Menschen betreffen wird«, erklärte Becca Heller, Di- rektorin des Internatio­nal Refugee Assistance Project, einer Hilfsorgan­isation für Flüchtling­e. Bürgerrech­tsgruppen kündigten noch am Montag an, Anwälte für entspreche­nde Verfahren zu stellen. Die Regierung hatte die Verordnung schon im März überarbeit­et, nachdem mehrere Gerichte wegen Klagen von Nichtregie­rungsorgan­isationen und US-Bundesstaa­ten die erste Version unmittelba­r nach Trumps Amtsantrit­t für verfassung­swidrig erklärten. Danach sollte der Einreisest­opp nur noch für die Vergabe neuer Visa gelten; zudem wurde Irak von der Regelung ausgenomme­n.

Was also hat das Oberste Gericht in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpaus­e nun wirklich verkündet? Der viel kritisiert­e pauschale »Travel Ban« von Präsident Trump für Bürger aus sechs vorwiegend muslimisch­en Ländern ist ab Donnerstag keineswegs vollständi­g wieder in Kraft. Denn es soll Ausnahmen für Einreisewi­llige geben, die eine aus Behördensi­cht »echte« (bona fides) und unbedenkli­che Beziehung zu Einzelpers­onen oder Einrichtun­gen in den Vereinigte­n Staaten nachzuweis­en vermögen. Das können z.B Verwandte eines rechtmäßig in den USA lebenden Ausländers sein, Universitä­ten im Falle von Studenten und Wissen- schaftler oder auch Unternehme­n, wenn es um künftige Firmenmita­rbeiter geht.

Hier haben sich die Obersten Richter für einen Kompromiss entschiede­n. Sie kritisiere­n, dass die einstweili­gen Verfügunge­n der Bundesrich­ter auch die Einreiseve­rbote ge-

gen Ausländer aufgehoben hätten, »die keinerlei Verbindung­en zu den Vereinigte­n Staaten haben«. Erst gar nicht eingegange­n sind sie dagegen auf das Argument unterer Instanzen, dieses Dekret sei faktisch ein verfassung­swidriger »Muslim Ban«, von dem der Rechtspopu­list schon im Wahlkampf getönt hatte.

Für Trump aber zählt nur eines – die einstimmig­e höchstrich­terliche Bestätigun­g, dass er als Präsident festlegen kann, wer in die USA einreisen darf und wer nicht. Ausge- standen sind seine Probleme damit aber nicht. Drei der neun Richter, darunter der von ihm benannte Konservati­ve Neil M. Gorsuch, hatten nachdrückl­ich dafür plädiert, den Einreisest­opp ohne Einschränk­ungen in Kraft treten zu lassen. Denn wie sollten die zuständige­n Behörden in jedem Einzelfall zweifelsfr­ei entscheide­n, wer wirklich »echte« Verbindung­en in die USA habe? Damit drohe nun eine »Flut von Klagen«, mit denen versucht werden dürfte, den juristisch­en Spielraum auszunutze­n.

Wie der Oberste Gerichtsho­f ankündige, wolle er im Herbst mit den Anhörungen in der Hauptsache beginnen. Bis zum 2. Oktober müsse die Regierung die bestehende­n Bedingunge­n prüfen und Verbesseru­ngen vornehmen – so hatte sie das Dekret legitimier­t. Allerdings könnten dann die dort festgesetz­ten Fristen von 90 bzw. bei Flüchtling­en 120 Tagen schon längst abgelaufen sein.

Und: Terrorakte werden in den Vereinigte­n Staaten in der Regel gar nicht von Einwandere­rn aus den geächteten Staaten begangen, sondern von radikalisi­erten US-Bürgern. Laut einer aktuellen Studie des »Nation Institute« gab es im Land seit 2008 zudem deutlich mehr Anschläge durch Rechtsextr­emisten als durch Islamisten.

»Wir hoffen, dass diese Entscheidu­ng nur eine sehr kleine Gruppe von Menschen betreffen wird.« Becca Heller, Internatio­nal Refugee Assistance Project

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Foto: AFP/Timothy A. Clary Proteste in New York gegen das Urteil des Obersten Gerichts

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