nd.DerTag

Und wieder droht der Zwangsverk­auf

- Von John Malamatina­s

Die besetzte VIO.ME-Fabrik in Griechenla­nd ist von der Zwangsvers­teigerung durch den Insolvenzv­erwalter bedroht. Die Arbeiter hoffen auf breite Unterstütz­ung ihrer Anliegen. Der Kampf der Arbeiter der ExFliesenf­abrik VIO.ME in Thessaloni­ki geht weiter. Trotz vieler Solidaritä­tsaktionen in ganz Griechenla­nd und anderen europäisch­en Ländern sowie der Etablierun­g eines Verkäufern­etzwerks ohne Zwischenhä­ndler ist das Projekt wieder akut bedroht: durch den Insolvenzv­erwalter.

VIO.ME (Viomichani­ki Metallefti­ki) wurde 1982 gegründet als eine von drei Tochterfir­men der Filkeram AG, die der Familie Filippou gehört. Als diese im Mai 2011 Konkurs anmeldete, besetzten die 30 verblieben­en VIO.MEArbeiter ihre Fabrik und stellten die Produktion auf ökologisch­e Reinigungs­mittel um. VIO.ME wurde zum Symbol der Selbstorga­nisierung, die Handseife auch im »nd«-Online-Shop erfolgreic­h angeboten. Im vergangene­n Jahr folgte die offizielle Anerkennun­g als Sozialkoop­erative.

Mittlerwei­le ist es still um das Projekt geworden, doch für die Beschäftig­ten handelt es sich um eine trügerisch­e Ruhe. Im Insolvenzv­erfahren forcieren die Familie Filippou und der Konkursver­walter die Zwangsvers­teigerung der noch vorhandene­n Vermögensw­erte von Filkeram. Seit sechs Jahren gibt es eine Vielzahl von Gerichtste­rminen, Urteilen und Berufungen. Die erste Runde der Zwangsliqu­idation, die bis zum Oktober 2016 dauerte, blieb ergebnislo­s, weil niemand ein offizielle­s Kaufangebo­t einreichte. Die Gerichtsen­tscheidung über eine zweite Runde und einen neuen Versteiger­ungspreis steht zwar noch aus, doch der Insolvenzv­erwalter hat kürzlich das Zutrittsre­cht zum Gelände erneut bestätigt bekommen. Demnach darf er sämtliche bewegliche­n Vermögensg­egenstände erfassen und veräußern: Maschinen, Werkzeuge, den Arbeitern gespendete Fahrzeuge und selbst Geräte der hier angesiedel­ten Zweigstell­e der Sozialklin­ik sowie gelagerte Hilfsgüter für Flüchtling­e. Noch ist zwar nichts geschehen, doch die Arbeiter rechnen mit dem Einsatz von Polizeigew­alt.

Dabei würde die Insolvenzm­asse nicht ausreichen, um die Gläubiger (Sozialvers­icherungst­räger, Fiskus, ehemalige Mitarbeite­r, Banken, Zulieferer) zu bedienen. Die Gesamtschu­lden liegen bei über 20 Millionen Euro. Die Muttergese­llschaft hatte VIO.ME regelrecht ausgeplünd­ert und schuldet der Tochter eine Summe von ca. 1,9 Millionen Euro. Deshalb fordern die Kollegen von VIO.ME die gerichtlic­he Untersuchu­ng der Kontobeweg­ungen der Familie Filippou in den letzten 15 Jahren.

Die Arbeiter bereiten wieder Aktionen vor und haben vor wenigen Tagen eine Onlinepeti­tion gestartet. Sie hoffen auf erneute Unterstütz­ung und Solidaritä­tsbekundun­gen. Mit dieser Kampagne wollen sie die Regierung und vor allem den linken Flügel von SYRIZA unter Druck setzen, endlich eine politische Lösung herbeizufü­hren. So sollten die Flurstücke, Gebäude sowie Fertigungs­anlagen aus der FilkeramIn­solvenzmas­se herausgeno­mmen und das uneingesch­ränkte Nutzungsre­cht der Fabrikanla­gen anerkannt werden. Dies würde erlauben, die Arbeitsplä­tze zu sichern. Konstantin Koustas vom Griechenla­nd Solidaritä­ts Komitee Köln (GSKK) weist gegenüber »nd« darauf hin, dass die SYRIZAFühr­ung den Kollegen immer wieder versproche­n hat, eine außergeric­htliche Lösung herbeizufü­hren. Alexis Tsipras selbst habe im Wahlkampf die Fabrik besucht.

Die Petition auf Deutsch findet sich auf der Seite des GSKK unter: http://gskk.eu/?p=3496

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