Katar sitzt aus, Iran profitiert
Der Boykott gegen das Emirat bringt vielen der beteiligten Staaten in der Region Nachteile
Der Boykott Katars geht weiter, doch die Allianz bröckelt. Vor allem die kleinen Golfstaaten fürchten den Verlust von Gas und Geld aus Katar. Bundesaußenminister Gabriel fliegt in die Region, um zu vermitteln. Nahe des Hafens von Bandar Abbas in Iran am Persischen Golf sausen die Gabelstapler über das öde Gelände und stapeln Container. Vor dem Tor reihen sich Lkw. Hassan Azmun schaut fröhlich drein: »Wir machen gerade das Geschäft des Jahrhunderts.« Hatte der Import-Export-Unternehmer, der nach dem Atomabkommen große Hoffnung gehegt und investiert hatte, noch vor einem Monat kurz vor der Pleite gestanden, habe er nun vor allem ein Problem: »Wir haben Schwierigkeiten, Container und Transportkapazitäten zu finden.«
Gut vier Wochen ist es her, dass Saudi-Arabien, Ägypten, Jordanien, Bahrain und die Vereinigten Arabischen Emirate (VAE) die Beziehungen zu Katar abgebrochen haben; der Flugverkehr wurde eingestellt, die Grenze nach Saudi-Arabien geschlossen. Bilder von leeren Läden machten die Runde. Es sei nur eine Frage der Zeit, bis Katar in die Knie gehen werde, verkündete Saudi-Arabien.
Aber in Doha gibt man sich gelassen, gar großmütig: »Diejenigen, die uns jetzt boykottieren, haben mehr zu verlieren, als wir«, warnt Katars Außenminister Scheich Mohammed alThani und verweist auf die Vielzahl von Investitionen katarischer Unternehmen in Saudi-Arabien, den VAE und Ägypten sowie deren Abhängigkeit von Gaslieferungen. »Aus Respekt vor den Menschen, die nun wirklich nichts für diese Krise können, sehen wir aber von eigenen Sanktionen ab«, sagt er.
In Ägypten hat die Krise bereits erste Konsequenzen: Mehrere katarische Unternehmen haben sich aus dem Großprojekt der Regierung zum Bau einer neuen Hauptstadt zurückgezogen. Zudem bezieht Ägypten stark vergünstigtes Gas aus Katar; nach der Machtübernahme durch Abdelfattah al Sisi in Kairo hatte man lange darum gerungen. In den VAE hatte indes die Handelskammer zu Beginn der Krise gewarnt, man werde katarische Investitionen in Milliardenhöhe verlieren, wenn der Boykott weitergehe. Die dortige Regierung verbot kurz darauf einfach jegliche Kritik am Katar-Kurs: Man könne auch das katarische Gas, das per Pipeline geliefert wird, »problemlos« ersetzen. Allerdings: »Wenn wir Gas aus anderen Ländern beziehen, wird sich der Preis stark erhöhen«, warnte die Handelskammer und auch, dass manche Unternehmen ins Wanken geraten könnten, wenn sich katarische Geldgeber zurückzögen.
»Wir haben Partner, auf die wir uns verlassen können«, sagt indes Außenminister al-Thani. Ein solcher Partner ist für das superreiche Land der Iran. Aus dessen Nähe wollten Saudi-Arabien und seine Partner den Nachbarn eigentlich mit ihrer Inter- vention entreißen, nun exportiert das Land von Kühen über Milch und Eier bis zu Kaviar so ziemlich alles. »Nur mit Champagner und Wein haben wir ein Problem«, sagt Exporteur Azmun. Im Iran ist Alkohol verboten.
Zudem lässt sich der iranische Staat die Überflugrechte für Qatar Airways teuer bezahlen; bis zu 400 000 US-Dollar zahlt die Flugge- sellschaft täglich. Zudem muss die Airline ihre Kurzstreckenflieger teuer im Ausland parken. Die Deutsche Welle berichtete, die Linie habe mehr »Stornierungen als Buchungen.«
Doch Qatar Airways kann auf ein Milliardenfinanzpolster zurückgreifen. Die beiden in den VAE ansässigen Gesellschaften Etihad und Emirates indes stecken in der Krise, war- nen vor einer weiteren Eskalation: Sollte Katar den Iran und den Oman dazu bringen, den Luftraum für Flugzeuge aus Bahrain und den VAE zu sperren, müssten sie auf dem Weg nach Osten weite Umwege fliegen.
Unterdessen versucht Bundesaußenminister Sigmar Gabriel (SPD), in der Golfregion zu vermitteln. Er hoffe auf eine Verhandlungslösung, sagte er am Dienstag, bevor er in die Region flog. Ziel müsse es sein, dass »jede Form von Terrorfinanzierung eingestellt wird«. Die Region dürfe nicht destabilisiert werden. Katar hatte am Montag seine Antwort auf die Forderungen der Golfstaaten vorgelegt, Details wurden nicht bekannt. Der UNSicherheitsrat entschied, sich vorerst nicht in die Krise einzuschalten.