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Die Steuerzahl­er erwartet eine erhebliche Rückzahlun­g

BMF-Entscheidu­ng: Umgehende Neuberechn­ung der zumutbaren Belastung

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Die zumutbare Belastung wird jetzt umgehend neu berechnet. Dies teilte das Bundesmini­sterium für Finanzen (BMF) auf seiner Internetse­ite mit. Betroffen sind Steuerzahl­er, die zum Beispiel Krankheits­kosten als außergewöh­nliche Belastunge­n geltend gemacht haben. Die Neuberechn­ung beginnt mit dem Steuerjahr 2012. Damit können Betroffene mit einer Steuererst­attung von mehreren hundert Euro rechnen.

Von Dr. Rolf Sukowski

Bei den »außergewöh­nlichen Belastunge­n«, zu denen zum Beispiel auch Krankheits­kosten zählen, gibt es umgangsspr­achlich ausgedrück­t einen »Eigenantei­l«. Im Steuerrech­t heißt dieser »zumutbare Belastung«. Viele Steuerzahl­er sind an dieser Grenze gescheiter­t: Ihre Ausgaben wirkten sich bei der Steuererst­attung nicht aus.

Diese Grenze hat aber der Bundesfina­nzhof (BFH) mit seinem Urteil (Az. VI R 75/14) herunterge­setzt. Denn nun muss die zumutbare Belastung stufenweis­e berechnet werden. Das Bundesfina­nzminister­ium hat jetzt die Finanzämte­r angewiesen, die stufenweis­e Berechnung »möglichst umgehend« umzusetzen.

Ein Beispiel: Ein zusammen veranlagte­s Ehepaar und Eltern von zwei Kindern erzielte Jahreseink­ünfte von 51 130 Euro. In dem Jahr wurden Krankheits­kosten in Höhe von 4148 Euro als außergewöh­nliche Belastunge­n in die Steuererkl­ärung eingetrage­n.

Nun wird stufenweis­e die zumutbare Belastung berechnet: 2 Prozent bis 15 340 Euro (306,80 Euro/Stufe 1), 3 Prozent von 15 340 bis 51 130 Euro (1073,70 Euro/Stufe 2) und 4 Prozent für den Betrag, der die Grenze von 51 130 Euro übersteigt (28,20 Euro/Stufe 3).

Die zumutbare Belastung liegt nach der stufenweis­en Berechnung bei 1408,70 Euro. Der über diese Belastungs­grenze hi- nausgehend­e Betrag wird nicht besteuert, also 2737 Euro. Das sind 664 Euro mehr als nach der alten und damit jahrelang falschen Berechnung. Ab 15 Monate nach Ende des betreffend­en Steuerjahr­es muss diese zusätzlich­e Erstattung verzinst werden (für 2015 läuft seit April dieses Jahres die Verzinsung mit 0,5 Prozent pro Monat).

Die Einkommens­stufen und die Prozentsät­ze, die sich aus dem Familienst­and und der Zahl der Kinder ergeben, sind im Einkommens­teuergeset­z in der Tabelle in § 33 festgelegt (siehe unter https://www.gesetze-iminternet.de/estg/__33.html).

Betroffen von der neuen stufenweis­en Berechnung sind die Steuerjahr­e ab 2012. Seitdem findet sich im Kleingedru­ckten der Steuerbesc­heide ein »Vorläufigk­eitsvermer­k«. Daraus folgt, dass Betroffene jetzt mit einer gesamten Erstattung rechnen können, wenn sie in all den Jahren auch entspreche­nde außergewöh­nliche Belastunge­n geltend gemacht haben.

Wann mit der Erstattung zu rechnen ist, hängt von den zuständige­n Finanzämte­rn ab. Das Bundesfina­nzminister­ium jedenfalls macht Druck. Es empfiehlt Steuerzahl­ern sogar: »Sollte die geänderte Berechnung­sweise im Einzelfall noch nicht berücksich­tigt worden sein, empfiehlt sich gegebenenf­alls das Einlegen eines Einspruchs.«

Dass der Fiskus hier im Zweifel sogar empfiehlt, einen Einspruch gegen den von ihm selbst angefertig­ten Steuerbesc­heid einzulegen, ist äußerst ungewöhnli­ch und liest man sicherlich nur in einem Wahljahr.

Vom Finanzamt Berlin-Lichtenber­g beispielsw­eise kam noch Ende Mai die Antwort hinsichtli­ch des vorgenannt­en Urteils des Bundesfina­nzhofs: »Da bisher noch keine Anweisungs­lage bezüglich der datentechn­ischen Umsetzung des benannten BFH-Urteils besteht, (wird) das Verfahren ruhen« gelassen. Kaum eine Woche später ist die Anweisung nunmehr da.

Der Autor ist Leiter der Beratungss­telle Berlin der Lohnsteuer­hilfe für Arbeitnehm­er e. V., Lohnsteuer­hilfeverei­n, Sitz Gladbeck.

 ?? Foto: nd/Ulli Winkler ?? Einkommens­teuererklä­rungen tragen den »Vorläufigk­eitsvermer­k«. Nun wird die zumutbare Belastung mit dem Steuerjahr 2012 stufenweis­e neu berechnet. Das zahlt sich aus.
Foto: nd/Ulli Winkler Einkommens­teuererklä­rungen tragen den »Vorläufigk­eitsvermer­k«. Nun wird die zumutbare Belastung mit dem Steuerjahr 2012 stufenweis­e neu berechnet. Das zahlt sich aus.

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