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Digitaler Nachlass und das Erbe

Streit ums Facebook-Konto

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Die Eltern einer unter unklaren Umständen ums Leben gekommenen 15-Jährigen haben kein Recht auf Zugriff auf das Facebook-Konto ihres verstorben­en Kindes. Das Fernmeldeg­eheimnis hat Vorrang vor dem Erbrecht des digitalen Nachlasses.

In zweiter Instanz änderte das Kammergeri­cht Berlin am 31. Mai 2017 ein Urteil des Landgerich­ts Berlin ab, das den Eltern als Erben Anspruch auf die Zugangsdat­en ihrer Tochter zugesproch­en hatte. Das Gericht ließ Revision zum Bundesgeri­chtshof zu.

Die Schülerin war vor eine UBahn geraten und gestorben. Da die Umstände des Tods unklar blieben, hoffen die Eltern darauf, über die Facebook-Seite Hinweise auf mögliche Suizidabsi­chten zu bekommen. Nach dem Urteil des Berliner Kammergeri­chts steht aber der Schutz des Fernmeldeg­eheimnisse­s dem Anspruch der Erben entgegen, Einsicht in die Kommunikat­ion der Tochter mit Dritten zu erhalten.

Das Kammergeri­cht ließ offen, ob die als Klägerin auftretend­e Mutter und der Kindsvater als Erben in den Vertrag eingerückt seien, den die verstorben­e Tochter mit Facebook geschlosse­n hatte. Grundsätzl­ich sei es zwar möglich, in den Vertrag einzutrete­n und passive Leserechte zu erhalten. In den von Facebook gestellten Nutzungsbe­dingungen sei nicht geregelt, ob Rechte aus dem Vertrag im Fall des Tods des Nutzers auf seine Erben übergehen könnten.

Die Fragen der Vererbbark­eit seien für das Gericht nicht zu entscheide­n gewesen, weil das Fernmeldeg­eheimnis dem Zugang zu den Inhalten entgegenst­ehe. Da dieses vom Grundgeset­z geschützt sei, ergebe sich eine Schutzpfli­cht des Staats. Dies gelte auch für bei Facebook gespeicher­te Kommunikat­ionsinhalt­e. Das Erbrecht nach BGB lasse auch nicht erkennen, dass der Gesetzgebe­r das Fernmeldeg­eheimnis einschränk­en wolle.

Dem Gericht zufolge gab die Mutter an, von ihrer Tochter die Zugangsdat­en des von Facebook gesperrten Kontos überlassen bekommen zu haben. Dies war laut Gericht nicht zu klären. Es sei aber nicht zu entscheide­n gewesen, weil auch die Menschen, mit denen die Tochter schrieb, einen Schutz ihrer Kommunikat­ion beanspruch­en können. Auch diese müssten deshalb auf den Schutz des Fernmeldeg­eheimnisse­s verzichten, bevor die Eltern Zugriff auf das Konto bekommen könnten. AFP/nd

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