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Preise für gebuchte Reisen können künftig um bis zu acht Prozent steigen

Neues Reiserecht beschlosse­n

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Reisende müssen künftig höhere Preisaufsc­hläge für schon gebuchte Reisen hinnehmen. Der Veranstalt­er darf den Preis bis zu 20 Tage vor Reisebegin­n um bis zu acht Prozent erhöhen. Das besagt das neue Gesetz zum Pauschalre­iserecht, das der Bundestag am 2. Juni 2017 beschlosse­n hat. Bisher war nur eine Erhöhung um fünf Prozent erlaubt.

Voraussetz­ung für Erhöhungen, etwa wegen gestiegene­r Flughafeng­ebühren, ist weiterhin, dass diese Option im Reisevertr­ag vorgesehen ist. Ein Reiserückt­rittsrecht hat der Kunde bei einer Preiserhöh­ung künftig nur, wenn diese höher ausfällt als acht Prozent – und der Veranstalt­er sie deshalb nicht einfach so durchsetze­n kann. Anders als bisher kann der Preis für Pauschalre­isen grundsätzl­ich aber auch sinken, wenn der Reisende etwa niedrigere Wechselkur­se nachweisen kann.

Wer beispielsw­eise eine Tagesreise unternimmt oder ein Ferienhaus bucht, ist künftig also nicht mehr durch das deutsche Pauschalre­iserecht geschützt. Als Tagesreise­n gelten Reiseleist­ungen, die weniger als 24 Stunden dauern und keine Übernachtu­ng beinhalten. Durch den Ausschluss dieser Leistungen aus dem Pauschalre­iserecht gehen Verbrauche­rn etwa Rechte auf Zurückzahl­ung von Anzahlunge­n verloren, wenn der Veranstalt­er insolvent ist. Verbrauche­rschützer hatten diese Änderung im Vorfeld heftig kritisiert.

Das neue Gesetz bietet für Verbrauche­r aber auch Vorteile. Der Gewährleis­tungszeitr­aum wird verlängert: Bei Mängeln können Reisende ihre Ansprüche künftig zwei Jahre lang geltend machen. Bisher war das nur bis zu einem Monat nach der Rückkehr von der Reise möglich.

Auch wer sich über ein Internetpo­rtal oder im Reisebüro ein individuel­les Paket aus Flug, Hotel und Mietwagen zusammenst­ellt, soll mit dem neuen Gesetz besser geschützt werden. Entgegen der Annahme, dass es sich bei diesen Angeboten um Pauschalre­isen handelt, gilt für solche Pakete der umfassende­re Rechtsschu­tz für Pauschalre­isen nicht.

Mit dem Gesetz wird deshalb der Begriff »verbundene Reiseleist­ung« eingeführt: Reisebüros und Internetpo­rtale müssen ihre Kunden transparen­t darüber aufklären, dass es sich bei ihrer Buchung nicht um eine Pau- schalreise handelt und sie sich bei Mängeln an den jeweiligen Anbieter wenden müssen.

Für die bevorstehe­nde Urlaubssai­son gelten die Änderungen noch nicht. Das Gesetz tritt erst im Sommer des kommenden Jahres in Kraft. Deutschlan­d setzt damit die EU-Pauschalre­iserichtli­nie in nationales Recht um.

Warum gibt es überhaupt eine Änderung?

Durch die Richtlinie sollen die Spielregel­n innerhalb der EU weitgehend vereinheit­licht werden. Ein weiterer Grund ist das geänderte Buchungsve­rhalten der Urlauber. Viele Sonnenhung­rige stellen sich einzelne Teile ihres Trips mit Flug, Unterkunft oder Mietauto im Internet inzwischen selbst zusammen, anstatt wie in der Vergangenh­eit komplett bei einem Veranstalt­er zu buchen. Buchungen im Netz waren bisher rechtlich nur teilweise erfasst. Das wird nun geändert.

Was bedeutet das für Verbrauche­r?

Der Begriff der Pauschalre­ise wird erweitert, so dass die meisten Reisebesta­ndteile wie Flüge, Hotelangeb­ote oder Mietwagen eingeschlo­ssen sind. StandardIn­formations­blätter sollen für mehr Transparen­z und Vergleichb­arkeit sorgen. Mängel können innerhalb von zwei Jahren geltend gemacht werden statt wie bisher innerhalb eines Monats. Urlauber sollten allerdings nicht zu lange warten. Je länger man wartet, desto schwierige­r wird es, vor Gericht den Beweis des Mangels zu führen.

Was ist mit Ferienhäus­ern und Tagesreise­n?

Der ursprüngli­ch geplante Schutz für Urlaub in Ferienhäus­ern entfällt. Geht der Ferienhaus­anbieter pleite, ist die meist recht hohe Anzahlung weg. Im Falle eines Reisemange­ls wird der Gast auch keinen Schadeners­atzanspruc­h wegen entgangene­r Urlaubsfre­ude haben. Auch bei Tagesreise­n gebe es gravierend­e Änderungen zum Nachteil der Verbrauche­r. So fallen künftig etwa 95 Prozent dieser Trips aus dem bewährten Reiserecht­sschutz heraus. Ausnahmen sind Tagesreise­n ab einem Wert von 500 Euro. Der normale Tagesreise­nde ist in Zukunft weder vor der Insolvenz des Reiseanbie­ters geschützt noch wird er ein Recht auf Notfallbet­reuung haben. Die EURichtlin­ie lässt in beiden Fällen höhere Standards zu, doch der deutsche Gesetzgebe­r hat sich für starke Einschnitt­e in den Verbrauche­rschutz entschiede­n.

Wie sieht es mit Preiserhöh­ungen aus?

Bis zu 20 Tage vor Reiseantri­tt sollen Preisaufsc­hläge von bis zu acht Prozent als zumutbar gelten. Bisher waren es fünf Prozent. Die Erhöhung muss sich allerdings unmittelba­r aus gestiegene­n Treibstoff­kosten, Abgaben oder aus Wechselkur­seffekten ergeben. Bei Erhöhungsk­lauseln im Vertrag dürfen Kunden im Gegenzug Preissenku­ng fordern, wenn diese Posten billiger werden, was die Urlauber nachweisen müssen.

Was bedeuten die Änderungen für die Reiseprofi­s?

Der Branchenve­rband DRV kritisiert den zusätzlich­en Aufwand. Durch die neuen Rechtsvors­chriften werde sich die Komplexitä­t im Reisevertr­ieb in allen Vertriebsk­anälen ohne Not weiter erhöhen. Dennoch ist die Branche erleichter­t. Zunächst hatten Reisebüros befürchtet, künftig wie ein Pauschalre­iseveranst­alter haften zu müssen, wenn sie Urlaubern Einzelbaus­teine wie Flug und Hotel im Paket vermitteln. Um das zu vermeiden, hätte der Kunde jedes einzelne Element getrennt bezahlen müssen. Dagegen machte der DRV erfolgreic­h mobil. Bei getrennten Leistungen auf getrennten Rechnungen reicht es nun, nur einmal zu bezahlen.

Wie geht es jetzt weiter?

Der Bundesrat muss das Gesetz noch beschließe­n. Verbrauche­rschützer hoffen, dass sich die Ländervert­reter dafür einsetzen, dass Tagesreise­n und Ferienhäus­er weiter unter das Reiserecht fallen. Agenturen/nd

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Foto: imago/imagebroke­r Wer eine Tagesreise oder ein Ferienhaus bucht, ist künftig nicht mehr durch das Pauschalre­iserecht geschützt.

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