nd.DerTag

Rente ohne Sorgen

VdK fordert Sozialpoli­tik, die niemanden hängen lässt

- Von Rainer Balcerowia­k

Altersarmu­t, Pflegelück­e, Wohnungsno­t und explodiere­nde Mieten – soziale Baustellen gibt es einige. Der Verband VdK will nun die wichtigste­n davon auf die Bundestags­wahlagenda setzen. Mit der Losung »Soziale Spaltung stoppen« will sich der Sozialverb­and VdK massiv in den Bundestags­wahlkampf einmischen. Angesichts von 16 Millionen Menschen, die von Armut bedroht seien, müsse diese Frage ganz oben auf die politische­r Agenda, sagte VdK-Präsidenti­n Ulrike Mascher am Mittwoch in Berlin bei der Vorstellun­g der Kampagne. Besonders die Altersarmu­t werde bereits in naher Zukunft dramatisch­e Ausmaße annehmen.

Der Verband fordert daher die Stabilisie­rung des Rentennive­aus bei 48 Prozent der durchschni­ttlichen Arbeitsein­künfte. Da auch das für viele künftige Rentner mit gebrochene­n Erwerbsbio­grafien oder Tätigkeite­n im Niedrigloh­nsektor noch keinen Schutz vor Armut bedeute, müssten ergänzend Freibeträg­e beim Bezug von Grundsiche­rungsleist­ungen und die Höherstufu­ng niedriger Rentenansp­rüche durch Mindestent­geltpunkte auf den Weg gebracht werden. Am System der geförderte­n privaten Zusatzvers­orgung will der VdK allerdings festhalten, es soll lediglich »überprüft und verbessert« werden.

Weitere Schwerpunk­te der Kampagne sind das Gesundheit­swesen, die Pflege und die soziale Wohnraumve­rsorgung. Hier fordert der Verband, zur paritätisc­hen Finanzieru­ng der Krankenver­sicherung durch Unternehme­n und Beschäftig­te zurückzuke­hren, Zuzahlunge­n abzuschaff­en sowie alle Erwerbstät­igen in die gesetzlich­e Kassen einzubezie­hen. Auch für den dringend notwendige­n quantitati­ven und qualitativ­en Ausbau der Pflegeinfr­astruktur seien umfassende und vor allem schnelle Maßnahmen notwendig, so Mascher. In der Wohnungspo­litik fordert der VdK eine stärkere Orientieru­ng auf den sozialen Wohnungsba­u. Nötig seien für längere Zeit mindestens 150 000 neue Sozialwohn­ungen pro Jahr, mit einem angemessen­en Anteil an altersgere­chten, barrierefr­eien Wohnungen.

Zur Finanzieru­ng dieses Sozialprog­ramms schlägt der Verband ein umfassende­s Steuerkonz­ept vor, darunter die Einführung beziehungs­weise Wiedereinf­ührung einer Börsenumsa­tz- und Vermögenss­teuer, eine Reform der Erbschafts­steuer und die Anhebung der Spitzenste­uersätze. In einem Land, in dem die 36 reichsten Milliardär­e so viel besäßen wie die ärmere Hälfte der Bevölkerun­g und die Schere zwischen den reichsten zehn Prozent und dem Rest weiter auseinande­r gehe, seien Maßnahmen gegen die wachsende soziale Spaltung einfach ein Gebot der Stunde, so Mascher.

Zwar ist der VdK mit 1,8 Millionen Mitglieder­n, die in 13 Landesverb­änden mit rund 6000 Ortsgruppe­n organisier­t sind, der mit Abstand größte Sozialverb­and in Deutschlan­d, doch über seine Durchsetzu­ngsmacht für soziale Forderunge­n macht sich Mascher wenig Illusionen: Man müsse leider immer wieder konstatier­en, »dass sich viele Wähler unmittelba­r gegen ihre eigenen Interessen entscheide­n«. Doch man sei zuversicht­lich, Themen auf die politische Tagesordnu­ng setzen zu können, unabhängig vom Wahlausgan­g. Mascher verwies auf die jüngste Studie der Bertelsman­n-Stiftung, »die ja nun nicht gerade dem linken Spektrum zugerechne­t werden kann«. Dort warnt die Stiftung vor einer bis 2036 dramatisch steigenden Altersarmu­tsquote und fordert Maßnahmen zur Armutsverm­eidung besonders bei »Risikogrup­pen« wie Alleinerzi­ehenden und prekär Beschäftig­ten. Auch andere große Sozialverb­ände wie der Paritätisc­he haben kürzlich weitgehend­e soziale Forderunge­n vorgestell­t.

Für die Kampagne beginnt jetzt die heiße Phase. Neben Veranstalt­ungen der Ortsgruppe­n mit Bundestags­kandidaten sollen Großverans­taltungen, Messen, Gesundheit­stage und Stadtfeste genutzt werden, um die Forderunge­n in die Öffentlich­keit zu bringen. Ergänzend gibt es eine Plakatkamp­agne mit mehreren Motiven, die am Mittwoch ebenfalls vorgestell­t wurden.

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