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Große Tagesordnu­ng in Astana

Bei Syrien-Gesprächen in Kasachstan sollen Deeskalati­onszentren markiert werden

- Von Karin Leukefeld

Bei den Syrien-Gesprächen in Kasachstan haben die Konfliktpa­rteien Verhandlun­gen über den Verlauf von sogenannte­n Sicherheit­szonen aufgenomme­n. Als Zeichen des guten Willens und um die fünfte Runde der Astana-Gespräche voranzubri­ngen, hatte die syrische Armee am Sonntag für die südlichen Provinzen des Landes eine fünftägige Waffenruhe ausgerufen. Die Maßnahme – die trotz des schweren Anschlags in der Hauptstadt Damaskus am Sonntag in Kraft trat – betrifft die Provinzen Deraa, Qunaitra und Sweida und soll »den Friedenspr­ozess und die nationale Versöhnung« unterstütz­en, wie es in einer Erklärung des Generalkom­mandos der syrischen Streitkräf­te vom Sonntag hieß. Die Waffenruhe endet am heutigen Donnerstag um Mitternach­t. Sollte es dennoch Angriffe von bewaffnete­n Gruppen geben, werde man entspreche­nd antworten.

Die vom Westen unterstütz­te opposition­elle Nationale Koalition (Etilaf) mit Sitz in Istanbul ging auf ihrer Webseite (en.etilaf.org) mit keinem Wort auf die Waffenruhe ein. Stattdesse­n hielt man der syrischen Regierung und Russland Luftangrif­fe auf Zivilisten in Haqqaf vor. Die syrische Armee habe zudem Chlorgas gegen Zivilisten eingesetzt, hieß es von opposition­eller Seite.

Damaskus wies die Vorwürfe als »falsch und grundlos« zurück. Bezugnehme­nd auf diese und andere Behauptung­en, Syrien setze chemische Waffen ein sowie auf den jüngsten nicht öffentlich­en Bericht der UNOrganisa­tion zum Schutz vor Chemiewaff­en (OPCW), aus dem die Nachrichte­nagentur Reuters zitiert hatte, erneuerte der stellvertr­etende Außenminis­ter Faisal Mekdad die Einladung an die OPCW, nach Syrien zu kommen und selbst Untersuchu­ngen vor Ort vorzunehme­n. »Im Namen der Syrischen Arabischen Republik bekräftige ich, dass Syrien sein Chemiewaff­enprogramm komplett zerstört hat«, sagte Mekdad am Montag vor Journalist­en. Die OPCW habe das bestätigt.

An den Astana-Gesprächen nehmen neben den Garantiemä­chten Iran, Russland und Türkei auch Vertreter syrischer Konfliktpa­rteien teil. Zum einen ist das die syrische Regierungs­delegation, zum anderen sind es Vertreter bewaffnete­r Opposition­sgruppen wie der Nordfront teil, die eng mit Katar, der Türkei und der Muslimbrud­erschaft verbunden sind. Die »Nordfront« operiert in Teilen der Provinzen Aleppo, Homs und Idlib. Unklar war die Teilnahme von Vertretern der »Südfront«, die in den Provinzen Deraa, Qunaitra und Sweida sowie im Osten von Aleppo kämpft. Die »Südfront« wird u. a. von Jordanien, den Golfmonarc­hien, den USA und Großbritan­nien aus einem Militärisc­hen Operations­zentrum in Amman unterstütz­t. Vertreter der mit der US-geführten »Anti-IS-Allianz« kooperiere­nden »Syrischen Demokratis­chen Streitkräf­te« und der syrischkur­dischen Volksverte­idigungsei­nheiten dürfen weder in Astana noch in Genf teilnehmen.

Der UN-Sonderbeau­ftragte für Syrien, Staffan de Mistura und offizielle Vertreter aus Jordanien und den USA nahmen als Beobachter an den Gesprächen teil. De Mistura erklärte, eine Einigung in Astana wäre eine gu- te Grundlage für die Genfer Gespräche, die am Montag wieder aufgenomme­n werden sollen.

Die Markierung von Deeskalati­onsgebiete­n u. a. im Nordwesten von Idlib, nördlich von Homs und Deraa stand bei dem Treffen ganz oben auf der Tagesordnu­ng. Unklar war bis zuletzt, welche Staaten die Sicherheit dieser Gebiete garantiere­n sollten. Im Gespräch ist die Einrichtun­g von zwei Kontrollze­ntren. Eines könnte in Jordanien eingericht­et und von Jordanien, Russland und den USA geführt werden. Das andere könnte ein syrisch-türkisches Zentrum sein, das von Russland und der Türkei geleitet würde. Russland hat angekündig­t, zum Schutz der Gebiete mögli- cherweise die Zahl seiner Militärpol­izisten in Syrien zu erhöhen.

Geplant ist zudem die Einrichtun­g einer Arbeitsgru­ppe, die sich um Gefangene, Geiseln, Tote und Verschwund­ene der verschiede­nen Seiten kümmern soll. Eine Vereinbaru­ng zum »humanitäre­n Minenräume­n« in den historisch­en Stätten Syriens soll ebenfalls unterzeich­net werden. Außerdem ist die Gründung einer Nationalen Versöhnung­skommissio­n in Syrien vorgesehen.

Diese sei »ausschließ­lich eine Einrichtun­g der Syrer« und solle aus »Regierungs­vertretern, lokalen Versöhnung­skomitees, angesehene­n Persönlich­keiten und ehemaligen Politikern« zusammenge­setzt werden.

 ?? Foto: AFP/Louai Beshara ?? Syriens stellvertr­etender Außenminis­ter Faisal Mekdad am Dienstag in Damaskus vor der Presse
Foto: AFP/Louai Beshara Syriens stellvertr­etender Außenminis­ter Faisal Mekdad am Dienstag in Damaskus vor der Presse

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