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Groß Glienicker See verschenkt

Das Land übergibt das vor der Privatisie­rung gerettete Gewässer an die Stadt Potsdam

- Blick über den Groß Glienicker See Von Andreas Fritsche

Mittlerwei­le 116 vom Bund gekaufte Seen hat das Land Brandenbur­g nun unentgeltl­ich an die jeweiligen Kommunen übertragen. Das Wasser des Groß Glienicker Sees ist in der Regel sehr sauber und im Moment nicht besonders kalt. Ein Mann steigt zum Schwimmen hinein. Dabei filmt ihn das rbb-Fernsehen. Die Journalist­en sind am Mittwochna­chmittag zu einem Termin auf der Badewiese erschienen, den Finanzmini­ster Christian Görke (LINKE) als »sehr schön« bezeichnet. Bei strahlend blauem Himmel übergibt der Minister an einem Badestrand 36 Hektar des Groß Glienicker Sees an die Stadt Potsdam. Die übrigen 30 Hektar gehören dem Land Berlin, das am jenseitige­n Ufer liegt.

Es ist Jahre her, dass der Umweltakti­vist Carsten Preuß aus Zossen eine Petition beim Bundestag einreich- te, um die weitere Privatisie­rung ostdeutsch­er Seen zu stoppen. Zehntausen­de Unterschri­ften sind damals für dieses Anliegen geleistet worden. Unentgeltl­ich, wie Preuß es verlangt hatte, trat der Bund die Seen zwar nicht an die Kommunen ab. Doch der Druck führte immerhin dazu, dass der Bund einwilligt­e, die bis dahin noch nicht privatisie­rten Gewässer relativ billig an die Länder zu veräußern.

Auch Brandenbur­g griff zu und erwarb 186 Seen im Bundesland für zusammen 6,8 Millionen Euro. Schrittwei­se gibt Brandenbur­g diese Seen an die Kommunen ab. 116 Seen haben auf diese Weise schon den Besitzer gewechselt. Bislang gab es nach Angaben des Finanzmini­steriums lediglich einen Fall, in dem weder die Gemeinde noch der Landkreis den See haben wollten.

Schließlic­h kostet das auch ein bisschen was, auch wenn das Land die Seen verschenkt. Unumgängli­ch ist die Grunderwer­bssteuer. Potsdam muss für den Groß Glienicker See jetzt einmalig 2350 Euro Steuer berappen. Dazu kommen die jährlichen Unterhalts­kosten von ungefähr 30 000 Euro. Denn beispielsw­eise muss der Uferbereic­h gepflegt werden und umgestürzt­e Bäume sind wegzuräume­n. Diesen Ausgaben stehen bloß 500 Euro Pacht pro Jahr für Fischereir­echte gegenüber.

Die Stadt übernimmt den See trotzdem gern. Für Oberbürger­meister Jann Jakobs (SPD) ist dies nämlich auch ein »Signal« für einen für die Allgemeinh­eit offenen Uferweg. Zwischen 1961 und 1989 hatte der See genau auf der abgeriegel­ten Grenze zwischen der DDR und Westberlin gelegen und war deshalb von Groß Glienicke aus nicht zugänglich. Inzwischen sperrten mehrere Anrainer den Uferweg, der über ihre Privatgrun­dstücke führt. Mit zwei Anliegern habe sich die Stadtverwa­ltung einigen können, berichtet Oberbürger­meister Jakobs. Gegen die üb- rigen läuft beim Innenminis­terium ein langwierig­es Enteignung­sverfahren.

2008 habe sich bei einer Bürgerbefr­agung eine überwältig­ende Mehrheit der Einwohner von Groß Glienicke für den Zugang zum See ausgesproc­hen, erinnert Ortsvorste­her Winfried Sträter. So ist es kein Wunder, dass es am Mittwoch von der kleinen Zuschauerm­enge spontanen Applaus gibt, als Finanzmini­ster Görke sagt: »Wir haben dem Bund für die 186 Gewässer eine einstellig­e Millionens­umme gezahlt, weil wir wollten, dass Seen, die mal volkseigen waren, dem Gemeinwese­n gehören.«

Oberbürger­meister Jakobs gibt den gerade erst vom Minister übereignet­en Groß Glienicker See symbolisch sofort weiter an Ortsvorste­her Sträter. »Ihnen gehören damit nun auch zwei Inseln, für die sie einen Namen finden müssen«, sagt Jakobs mit einem Blick aufs Wasser schmunzeln­d. Im Scherz schlägt jemand zwei Inselnamen vor: »Christian und Jann.«

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Foto: imago/Martin Müller

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