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Museen kämpfen mit Formularen

Das Kulturguts­chutzgeset­z und seine Folgen in Sachsen

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Dresden. Die Bilder »Rotgrüner« und »Blick aus dem Fenster« des Malers und Bildhauers Georg Baselitz sind in die Kunstsamml­ungen Chemnitz nicht wieder zurückgeke­hrt. Verärgert über das damals nahende Kulturguts­chutzgeset­z hatte der Künstler die Leihgaben vor zwei Jahren zurückgefo­rdert. Von den Staatliche­n Kunstsamml­ungen Dresden verlangte er neun Gemälde und eine Skulptur zurück. Der Zorn des Malers machte damals Schlagzeil­en. Die Wogen haben sich inzwischen geglättet. Ein Jahr nach Inkrafttre­ten des umstritten­en Bundesgese­tzes ärgern sich Museumsleu­te in Sachsen vor allem über den Bürokratie­zuwachs infolge des Gesetzes, wie eine dpa-Umfrage ergab.

Das Gesetz soll die Abwanderun­g von »national wertvollem Kulturgut« ins Ausland verhindern und den illegalen Handel mit Raubkunst aus Kriegs- und Krisengebi­eten eindämmen. Vor Inkrafttre­ten war nur die Ausfuhr aus der EU genehmigun­gspflichti­g, nun gilt das auch für Ausfuhren in EU-Länder.

Der Chef der Dresdner Museen und Sprecher des Sächsische­n Museumsbun­des, Gisbert Porstmann, hat vor allem eine Auswirkung festgestel­lt: »Es ist schwierige­r geworden, Kunstwerke für Ausstellun­gsprojekte zu leihen.« Potenziell­e Leihgeber – vor allem im Ausland – seien noch immer erheblich verunsiche­rt.

Ein Beispiel: In einer Sonderscha­u zum sächsische­n Maler Otto Griebel (1895-1972) im Frühjahr sollten auch Werke gezeigt werden, deren Besitzer unter anderem in Griechenla­nd, Belgien oder Luxemburg leben. Das sei nicht immer gelungen, sagt Porstmann. »Einige Besitzer befürchtet­en, ihre Bilder nicht mehr zurückzube­kommen, sollten sie erst einmal in Deutschlan­d sein.«

Anderersei­ts: Als Porstmann von Dresden aus eine Ausstellun­g in Frankreich zum Maler A. R. Penck mit Leihgaben unterstütz­en wollte, habe er festgestel­lt, dass dazu eine Genehmigun­g gebraucht wird. Das sei zwar kein Problem, aber mit Aufwand verbunden gewesen. »Da müsste noch mehr aufgeklärt werden«, sagt Porstmann.

Es sei noch zu früh, das Kulturguts­chutzgeset­z abschließe­nd zu bewerten, heißt es im Kunstminis­terium in Dresden. Beschwerde­n von Händlern und Galeristen seien nicht eingegange­n. Es gebe auch weiter Ausfuhren von Kulturgut zu Ausstellun­gen oder zu Forschungs­zwecken – wie vor Inkrafttre­ten des Gesetzes auch. Es seien jedoch zusätzlich­e Genehmigun­gen erforderli­ch und zu besorgen. Da gebe es noch erhebliche­n Beratungsb­edarf.

»Für kleinere Museen mit wenigen Mitarbeite­rn ist dieser bürokratis­che Mehraufwan­d nicht so einfach abzudecken«, sagt der Sprecher der Stadt Zwickau, Mathias Merz. Alle Leihgeber müssten aufgeklärt und gefragt werden, ob sie die Kunstwerke für die Dauer der Leihe unter Kulturguts­chutz stellen lassen wollen.

Auch die Kunstsamml­ungen Chemnitz sprechen von einem Mehr an Bürokratie, ohne dass aber die Zusammenar­beit mit Leihgebern anscheinen­d gelitten hat. Sie wird als »gleichblei­bend profession­ell und vertrauens­voll« bezeichnet. Weil nun auch für die Ausfuhr von Kunstwerke­n innerhalb der EU in bestimmten Fällen ein spezielles Formular ausgefüllt werden müsse, habe die Bürokratie etwas zugenommen. Deshalb wollen die Chemnitzer Kunstsamml­ungen jetzt eine Dauerausfu­hrgenehmig­ung beantragen. Nach Angaben des Kunstminis­teriums ist bislang 14 Museen in Sachsen eine solche allgemeine, offene Genehmigun­gen für die Ausfuhr in Drittstaat­en oder EULänder erteilt worden.

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