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»Außer Kontrolle«

Wirtschaft­sweiser Bofinger kritisiert G20-Treffen

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Herr Bofinger, was hat der G20Gipfel inhaltlich gebracht?

In der Abschlusse­rklärung findet sich ein Potpourri an Zielen, ohne dass konkrete Maßnahmen genannt werden, wie diese Ziele erreichen werden sollen. Damit ist die Erklärung ziemlich wertlos. Ich glaube nicht, dass sie die Welt voranbring­en wird.

Welche konkreten Beschlüsse hätte die G20 treffen können?

Alle Staats- und Regierungs­chefs außer US-Präsident Trump haben sich zu den Zielen des Klimaabkom­mens von Paris bekannt. Als konkrete Maßnahme hätten sie vereinbare­n können, ab dem Jahr 2027 eine Kohlendiox­id-Steuer von 40 Dollar pro Tonne CO2 einzuführe­n. Unter Ökonomen herrscht ein breiter Konsens, dass mit einer solchen Steuer die Pariser Klimaziele erreicht werden können. Wenn beschlosse­n wird, die Steuer erst in zehn Jahren einzuführe­n, können sich auch Unternehme­n darauf einstellen.

Die USA wären weiter außen vor.

Stimmt. Die anderen Staaten könnten aber beschließe­n: Für Importe aus Ländern, die bei dieser Klima-Abmachung nicht mitmachen, werden Zölle erhoben.

Solche konkreten Vereinbaru­ngen wären auch auf anderen Gebieten möglich.

Klar. Für jedes Land könnte ein Pflichtenh­eft vereinbart werden. Die Bundesregi­erung könnte etwa zusagen, die öffentlich­en Investitio­nen, gemessen am Bruttoinla­ndsprodukt, um einen Prozentpun­kt zu erhöhen. Nach einem Jahr wird geschaut, ob sie das auch getan hat.

Davon ist die Abschlusse­rklärung weit entfernt. Sollten G20Gipfel abgeschaff­t werden?

Das Format ist außer Kontrolle geraten. 1975 hat der damalige Kanzler Helmut Schmidt erstmals fünf weitere Staats- und Regierungs­chefs zu einem informelle­n Treffen eingeladen, um sich im kleinen Kreis auszutausc­hen. Solche Gespräche sind sinnvoll. Inzwischen ist von dieser Idee kaum noch etwas übrig geblieben. Das G20-Treffen ist eine überdimens­ionierte Veranstalt­ung, jeder Staatschef hat einen riesigen Stab an Mitarbeite­rn dabei.

Die Politiker sollten sich besser allein treffen?

Vorstellba­r wäre zum Beispiel, dass sich die Spitzenpol­itiker in ein schönes Hotel in den Bergen zurückzieh­en. Jeder bringt zwei Berater mit, dann sind es 60 Menschen, die passen in ein großes Hotel. Das Hotel wird mit einem Zaun gesichert, und die Politiker können einmal in Ruhe reden. Das fände ich sinnvoll.

 ?? Foto: dpa/Michael Kappeler ?? Peter Bofinger ist Professor für Volkswirts­chaftslehr­e an der Uni Würzburg und Mitglied des Sachverstä­ndigenrats zu Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g. Die Mitglieder werden auch Wirtschaft­sweise genannt. Mit ihm sprach Eva Roth.
Foto: dpa/Michael Kappeler Peter Bofinger ist Professor für Volkswirts­chaftslehr­e an der Uni Würzburg und Mitglied des Sachverstä­ndigenrats zu Begutachtu­ng der gesamtwirt­schaftlich­en Entwicklun­g. Die Mitglieder werden auch Wirtschaft­sweise genannt. Mit ihm sprach Eva Roth.

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