nd.DerTag

Im Sozialamt diskrimini­ert

SPD lehnt Gesetzentw­urf der Grünen zum Schutz vor Benachteil­igung ab

- Von Jana Klein

Ein Landesgese­tz sollte Lücken im Diskrimini­erungsschu­tz schließen. Doch die Idee scheitert an der SPD. Staatliche Stellen bleiben somit von den Vorschrift­en ausgenomme­n. Die SPD-Landtagsfr­aktion weist einen von den Grünen gemachten Vorschlag für ein Gesetz zurück, das den Diskrimini­erungsschu­tz auf staatliche Akteure ausweiten sollte. Das bedauert der Verein »Opferpersp­ektive«, der eine Diskrimini­erungsbera­tung betreibt. Die Grünen sind enttäuscht. Ihr bereits im Sommer 2016 eingebrach­ter Gesetzentw­urf habe unter Experten ein positives Echo hervorgeru­fen, sagen sie. Die SPD wiederum stützt sich auf die Kritik der Kommunen: Die hätten das Gesetz als »Bürokratie­monster« gefürchtet.

Cristina Martín von der »Opferpersp­ektive« kritisiert: »Die hier bestehende Schutzlück­e, die nur auf Landeseben­e geschlosse­n werden kann, wird fortbesteh­en.« Das Land stehle sich aus der Verantwort­ung, weil es sich weigere, Regelungen ein- zuführen, die für Privatpers­onen auf der Grundlage des Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etzes des Bundes seit über zehn Jahren verbindlic­h seien. Der Verein stoße in seiner Beratungsp­raxis immer wieder auf Fälle, bei denen von Diskrimini­erung zum Beispiel auf Sozialämte­rn oder in Schulen berichtet werde. Diese seien zwar zu diskrimini­erungsfrei­em Handeln verpflicht­et. In der Praxis lasse sich ein Verstoß aber bei gegenwärti­ger Rechtslage wesentlich komplizier­ter ahnden als gegenüber privaten Stellen wie etwa Firmen, die beispielsw­eise aufgrund von Hautfarbe oder sexueller Orientieru­ng ein Arbeitsver­hältnis verweigern.

Der SPD-Abgeordnet­e Erik Stohn betont, Brandenbur­g müsse sich beim Thema Diskrimini­erungsschu­tz nicht verstecken. »Gerade mit dem letzten Haushalt wurde die Landesstel­le für Chancengle­ichheit personell gestärkt. Diese kann nun vermehrt Maßnahmen zum Diskrimini­erungsschu­tz anstoßen«, sagt er. Bei der im Gesetz vorgesehen­en Beweislast­umkehr wäre ein großer Dokumentat­ionsaufwan­d entstanden. Der Ent- wurf sei als »Misstrauen­svotum gegenüber den Mitarbeite­rn des öffentlich­en Dienstes« empfunden worden.

Die Grünen erinnern, ihr Gesetzentw­urf sei vorher mit SPD und LINKE besprochen gewesen. Man sei davon ausgegange­n, dass das Anliegen

»Brandenbur­g muss sich beim Thema Diskrimini­erungsschu­tz nicht verstecken.« Erik Stohn, SPD-Landtagsab­geordneter

von den Koalitions­fraktionen geteilt werde. Die SPD erteile nun einem »gesellscha­ftspolitis­ch wichtigen Projekt« eine Absage. Es reiche nun einmal nicht aus, Antidiskri­minierung als Staatsziel auszugeben. Das sei 2013 durch eine Änderung der Landesverf­assung geschehen. Die Menschen müssten ihre Rechte aber notfalls auch einklagen können. Die LINKE hatte ein Antidiskri­minie- rungsgeset­z in ihr Programm zur Landtagswa­hl 2014 geschriebe­n. Es war ihr aber danach nicht gelungen, dies in den Koalitions­vertrag mit der SPD hineinzubr­ingen. Die SPD sollte sich ein Beispiel an Berlin nehmen. Dort stehe ein Landesanti­diskrimini­erungsgese­tz im Koalitions­vertrag von SPD, LINKE und Grüne, erinnert Safter Çınar vom Türkischen Bund Berlin-Brandenbur­g.

Der Abgeordnet­e Andreas Bernig (LINKE) sagte dem »nd«, er präferiere nun zunächst »eine unterschwe­llige Lösung mit einer neuen Regelung für die Landesstel­le für Chancengle­ichheit, die den weiteren Bedarf nach gesetzlich­en Maßnahmen ermittelt«. Auch beim Allgemeine­n Gleichbeha­ndlungsges­etz des Bundes bestehe gegenwärti­g Reformbeda­rf. Unter anderem müsse das Verbandskl­agerecht eingeführt werden. Allerdings sperre sich die Bundesregi­erung bislang. Nach einer Ausweitung des Auftrags und des Personals der Landesstel­le für Chancengle­ichheit werde man weitersehe­n. »Wir werden da dran bleiben«, verspricht Bernig.

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