nd.DerTag

Feminisier­ung & Lohnarbeit

- Von Rainer Holze Z. Zeitschrif­t Marxistisc­he Erneuerung, Heft 110. 222 S., br., 10 €.

Nicht

zufällig hat die Vierteljah­resschrift »Z« für ihr neues Heft die Feminisier­ung der Lohnarbeit als Schwerpunk­t gewählt. Die nach wie vor zu beobachten­de systematis­che und hartnäckig­e Diskrimini­erung und Unterdrück­ung der Frauen in Wirtschaft und Gesellscha­ft hierzuland­e sind auch ein Schwerpunk­t in den aktuellen Auseinande­rsetzungen in der Öffentlich­keit und nicht nur in Wahlprogra­mmen der Parteien. Es geht um soziale Gerechtigk­eit, um Erwerbsquo­ten, Arbeitszei­ten und Lebenspers­pektiven und um – was für bürokra-

Erwerbsquo­ten, soziale Gerechtigk­eit, Kindererzi­ehung

tische Wortungehe­uer – »Entgeltlüc­ken« und »Teilzeitfa­lle«. Es geht um Doppelbela­stung mit Haushalt und Kindererzi­ehung, um Verbesseru­ng der öffentlich­en Kinderbetr­euung, um die Benachteil­igung von Frauen hinsichtli­ch der Rente und um Probleme der Pflege.

Die heutigen Konflikte zwischen Lohnarbeit, Kapital und Arbeit werfen Fragen nach historisch­en Erfahrunge­n auf. Diesen stellt sich im neuen Heft der »Z« André Leisewitz. Die gegenwärti­ge Grundstruk­tur der geschlecht­erspezifis­chen Arbeitstei­lung und Diskrimini­erung der Frauen habe sich im Übergang von vorkapital­istischen Formen der Arbeit zur kapitalist­ischen Lohnarbeit herausgebi­ldet. Anhand einer Übersicht über quantitati­ve Entwicklun­gstrends der weiblichen Erwerbs- und Lohnarbeit seit Beginn des 19. Jahrhunder­ts belegt Leisewitz, dass diese – nach einer Phase der Stagnation – seit den 1970er Jahren in der Bundesrepu­blik (vorrangig allerdings als Teilzeitar­beit) zugenommen hat. Mit dem Übergang zur intensiv erweiterte­n Reprodukti­on in den Kernbereic­hen der Wirtschaft in den 1960er/1970er Jahren und der Verknappun­g an Arbeitskrä­fteressour­cen seien die Frauenerwe­rbsquote und die primär weibliche Teilzeitar­beit angestiege­n. Der gewerkscha­ftliche Organisati­onsgrad von Frauen blieb trotzdem gering, woran sich bis heute nicht viel änderte.

Die »nd«-Redakteuri­n Nelli Tügel untersucht soziale Protestbew­egungen und Streiks in weiblich dominierte­n Berufen am Beispiel der von ver.di initiierte­n Krankenhau­sstreiks der letzten Jahre. Solche Streiks unterschie­den sich deutlich von den »großen Kämpfen« der 1970er und 1980er Jahre, in denen Frauen eher auf die Rolle der Helferinne­n der streikende­n Männern beschränkt wurden. Den Schwerpunk­t des Heftes komplettie­ren die Beiträge von Christa Winterich über »Womennomic­s« und Geschlecht­erverhältn­isse sowie von Ursula Schumm-Garling über die ungleiche Bezahlung von Frauen.

Für historisch Interessie­rte finden sich in dem Heft zudem Aufsätze über Antonio Gramsci (Sabine Kebir), über die russische Oktoberrev­olution von 1917 (Wladislaw Hedeler) und über Friedrich Engels’ Revolution­sauffassun­gen (Georg Fülberth). Zudem wird der historisch­e Hintergrun­d von Raoul Pecks Film »Der junge Karl Marx« beleuchtet.

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