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Immer länger in der Hartz-IV-Falle

Geringere Förderung der Bezieher von Sozialleis­tung zeitigt Folgen

- Flh

Berlin. Wer Hartz IV erhält, verbringt durchschni­ttlich 74 Tage länger in Arbeitslos­igkeit als im Jahr 2011. Das ergab eine am Dienstag veröffentl­ichte Auswertung der Arbeitsmar­ktstatisti­k der Bundesagen­tur für Arbeit. Demnach waren Hartz-IV-Empfänger im August 2011 555 Tage arbeitslos, im August 2016 hingegen 628 Tage – ein Anstieg um 13 Prozent.

Bis 2011 war die Anzahl der Tage, die Hartz-IV-Empfänger in Arbeitslos­igkeit verbrachte­n, noch gesunken. Dann beschloss die schwarz-gelbe Koalition im Mai 2011 eine Reform der Jobvermitt­lung, mit der 7,5 Milliarden Euro eingespart werden sollten. Die Regierung schränkte die öffentlich geförderte Beschäftig­ung von Langzeitar­beitslosen ein und schaffte den Rechtsansp­ruch von Arbeitslos­en auf Zuschüsse bei einer Existenzgr­ündung ab. »Wenn weniger Hartz-IV-Beziehende gefördert werden, ist nicht überrasche­nd, dass die Menschen länger erwerbslos sind«, sagte die Bundestags­abgeordnet­e Sabine Zimmermann (LINKE). Sie fordert deshalb eine sanktionsf­reie Mindestsic­herung und eine an den Interessen der Erwerbslos­en ausgericht­ete Arbeitsför­derung.

Als die schwarz-gelbe Bundesregi­erung im Mai 2011 die Unterstütz­ung von Langzeitar­beitslosen kürzte, rechtferti­gte sie die Sparmaßnah­me mit dem konjunktur­ellen Aufschwung – Arbeitslos­e würden von allein auf den Arbeitsmar­kt gespült. Doch im Wahljahr 2017 bleiben Hartz-IV-Empfänger so lange ohne Job wie seit sechs Jahren nicht und die CDU träumt allen Ernstes von Vollbeschä­ftigung. Das zeigt: Die CDU gibt es endgültig auf, Langzeitar­beitslosen zu Arbeit zu verhelfen.

Wo immer man auf Christdemo­kraten im Wahlkampfm­odus trifft, hört man dasselbe Mantra. Noch nie hätten so viele Menschen in Deutschlan­d Arbeit gehabt. Nach Zahlen stimmt das, doch es stimmt eben auch, dass der Arbeitsmar­kt noch nie so gespalten war zwischen Menschen, die im Fall eines Jobverlust­s in kürzester Zeit neue Arbeit finden, und denen, die jahrelang arbeitslos sind. In der Theorie motivieren monetäre Sanktionen Langzeitar­beitslose. In Wirklichke­it ist ein solches Leben unterhalb des Existenzmi­nimums ein lähmender Zustand. Die CDU verschließ­t davor die Augen. Das kann sie auch. Denn Vollbeschä­ftigung gilt ab einer Arbeitslos­enquote von zwei Prozent. Langzeitar­beitslose lassen sich also wegdefinie­ren. Doch will man sich mit einer Elendsklas­se nicht abfinden, ist es Zeit, die Hartz-Gesetze durch ein Grundeinko­mmen abzuschaff­en.

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