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Konzert lockt viele Nazis

Thüringer Behörden rechnen mit mindestens 5000 Besuchern in Themar

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Das für den 15. Juli geplante Rechtsrock-Konzert in Themar im Landkreis Hildburgha­usen wird nach übereinsti­mmender Einschätzu­ng der Landespoli­zei sowie des Thüringer Verfassung­sschutzes noch größer werden als die Vorgängerv­eranstaltu­ng im Jahr 2016 – die bereits als ein außergewöh­nlich großes Hass-Konzert galt. Sowohl die Thüringer Polizei als auch der Nachrichte­ndienst rechnen nach eigenen Angaben damit, dass mindestens 5000 Neonazis zu dem Festival anreisen werden. Im vergangene­n Sommer waren etwa 3500 Rechtsextr­eme zu einem Konzert nach Südthüring­en gekommen. Die Veranstalt­ung werde »seit geraumer Zeit intensiv über einschlägi­ge Kanäle beworben«, sagte eine Sprecherin des Verfassung­sschutzes. »Von einer Resonanz auch außerhalb Deutschlan­ds ist mit großer Sicherheit auszugehen.« Die Veranstalt­ung könne sich damit »zu einem der teilnehmer­stärksten Szenetreff­en dieser Art in diesem Jahr entwickeln«. Nur in Unterwasse­r in der Schweiz habe es zuletzt mit etwa 5000 Besuchern ein ähnlich großes Rechtsrock-Konzert gegeben.

Das Landratsam­t Hildburgha­usen fühlt sich im Umgang mit derlei Konzerten von der Landes- und Bundespoli­tik im Stich gelassen. »Wir stehen als Behörde mutterseel­enallein da«, sagte der stellvertr­etende Landrat, Helge Hoffmann, der Deutschen PresseAgen­tur in Erfurt. »Wir wollen endlich mal eine klare Aussage, wo die Grenze zwischen kommerziel­ler Veranstalt­ung und einer Versammlun­g ist.« Ursprüngli­ch hatte das Landratsam­t das Konzert mit Verweis auf den erhobenen Eintritt nicht als Versammlun­g gewertet. Dagegen hatte der Veranstalt­er erfolgreic­h geklagt. Gegen diese Entscheidu­ng ist derzeit eine Beschwerde des Landratsam­tes beim Oberverwal­tungsgeric­ht Weimar anhängig. Zudem hat die Weißbachta­l Agrar GmbH am Dienstag zwei einstweili­ge Verfügunge­n gegen das Konzert beim Amtsgerich­t Hildburgha­usen eingereich­t, wie der Anwalt des Unternehme­ns, Hubertus Benecke, der dpa in Erfurt sagte. Der Betrieb nutzt Wiesenfläc­hen, auf denen das Konzert über die Bühne gehen soll.

Die Landespoli­zei bereitet sich schon seit Wochen auf den Einsatz vor – und will neue Einsatzkon­zepte anwenden; auch, weil die Sicherheit­sbehörden davon ausgehen, dass es bei einer solchen rechten Massenvera­nstaltung zu einer Vielzahl von Straftaten kommen könnte. Ein Sprecher der Landespoli­zeidirekti­on (LPD) erklärte, wegen der erwarteten Größe des Konzerts werde der Polizeiein­satz von dieser zentralen Dienstelle aus geführt. Schon seit Mitte Juni arbeite in der LPD ein Vorbereitu­ngsstab, der sich ausschließ­lich mit den Einsatzvor­bereitunge­n und -planungen für dieses Konzert beschäftig­t.

Um die Sicherheit in Themar zu gewährleis­ten, würden im Zusammenha­ng mit der Veranstalt­ung mehrere Hundertsch­aften der Polizei aus dem gesamten Bundesgebi­et zum Einsatz kommen – was eine hohe Belastung für viele Polizisten bedeutet, werden viele von ihnen doch gerade erst beim G20-Gipfel in Hamburg im Einsatz gewesen sein. Die Einsatzkon­zepte, die die Polizei am 15. Juli in Themar umsetzen will, sollen nach Angaben des LPD-Sprechers Modellchar­akter haben. »Hierfür wurden die bisherig genutzten Konzepte kritisch überprüft und überarbeit­et«, so der Sprecher. Dabei wolle die Polizei diesmal auch »sehr versammlun­gsfreundli­ch« agieren – und Menschen, die friedlich gegen das Konzert protestier­en wollen, die Möglichkei­t geben, das in Hörund Sichtweite zu tun.

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