nd.DerTag

US-Diplomaten droht Ausweisung

Russland reagiert nach einem halben Jahr auf entspreche­nde Handlungen Obamas

- -Von Axel Eichholz, Moskau

Russland will US-Diplomaten ausweisen und Botschafts­gebäude beschlagna­hmen. Damit reagiert es auf entspreche­nde Maßnahmen der USA im vergangene­n Jahr. Rund 30 US-Diplomaten sollen aus Russland ausgewiese­n werden. Die US-Botschaft verliert ihre Datscha im Silberwäld­chen an der Moskwa und eine Lagerhalle in der Stadt. Die Moskauer Botschafte­rresidenz Spaso House und die englisch-amerikanis­che Schule in St.Petersburg werden davon nicht betroffen, berichtet die Tageszeitu­ng »Iswestija« am Dienstag unter Berufung auf den Vizechef des Auswärtige­n Ausschusse­s des Föderation­srates, Andrej Klimow.

Der amerikanis­che Ex-Präsident Barack Obama hatte im Dezember 2016 insgesamt 35 russische Diplomaten aus den Vereinigte­n Staaten ausweisen lassen. Außerdem wurden russische Botschafts­datschen bei Washington und New York vorübergeh­end beschlagna­hmt. Begründet wurde dies mit der vermuteten Einmischun­g Russlands in den amerikanis­chen Wahlkampf.

Moskau unternahm in der Hoffnung, der neue US-Präsident Donald Trump werde diese Entscheidu­ng rückgängig machen, zunächst keine Gegenschri­tte. Aber auch nach dem ersten Treffen zwischen Trump und Wladimir Putin am Rande des G20-Gipfels in Hamburg tat sich nichts. Jetzt droht der Kreml mit entspreche­nden Vergeltung­smaßnahmen.

Moskau greife ungern zu Ausweisung­en und Beschlagna­hmungen, heißt es. »Die geplanten Maßnahmen sind kein Ausdruck unserer negativen Einstellun­g gegenüber der Trump-Regierung«, sagte Klimow der Zeitung. Der neue US-Präsident habe ein halbes Jahr Zeit gehabt, um die Situation geradezubi­egen, aber nichts unternomme­n. Nun müsse Moskau einen Schlussstr­ich ziehen und spiegelbil­dlich antworten, so der Politiker. Russland sei ein angesehene­r Staat, der respektvol­l behandelt werden müsse. Etwas Anderes gebe es nicht.

In der Regel wird die Ausweisung von Botschafts­angehörige­n weltweit mit »artfremden« Aktivitäte­n begründet, im Klartext: Spionage. Man muss aber schon sehr naiv sein, um anzunehmen, der Betreffend­e sei auf frischer Tat, etwa beim Fotografie­ren von Geheimobje­kten oder bei der Übergabe von Spionagezu­behör an Geheimagen­ten ertappt worden.

Ein großer Ausweisung­skrieg hatte sich zwischen der Sowjetunio­n und den USA 1985 unter dem Staats- und Parteichef Michail Gorbatscho­w abgespielt. Auf jeder Seite mussten bis zu 100 Angehörige ihre Botschaft verlassen. Da die Personalst­ärke der Sowjetbots­chaft in Amerika viel größer war als die der US-Botschaft in Moskau, geriet der Kreml in Zugzwang. Da kam Gorbatscho­w auf eine unkonventi­onelle Idee. Anders als Moskau in den USA beschäftig­te die US-Botschaft in Russland russische Bürger als Köche, Serviereri­nnen oder Automechan­iker. Sie alle wurden nun abgezogen. Wochenlang mussten USDiplomat­enfrauen den Kaffee servieren und Geschirr spülen, bis die Krise in den Beziehunge­n überwunden war.

Newspapers in German

Newspapers from Germany