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Illinois erhält Atempause

Haushaltsb­lockade durch Sparpläne des republikan­ischen Gouverneur­s Bruce Rauner in dem US-Bundesstaa­t ist beendet

- Von John Dyer, Boston

Zwei Jahre lang hatte der US-Bundesstaa­t Illinois kein Budget. Rechnungen blieben liegen, weil der republikan­ische Gouverneur Einsparung­en erzwingen wollte. Nun hat sich der Kongress durchgeset­zt. Die längste Haushaltsb­lockade in der Geschichte der Vereinigte­n Staaten hat ein Ende gefunden. Doch nachdem es dem Bundesstaa­t Illinois zwei Jahre lang nicht gelungen war, ein Budget zu verabschie­den, stehen die Politiker nun vor der schweren Aufgabe, Rechnungen zu bezahlen und die Wirtschaft zu beleben, nachdem massive Einsparung­en zu Beeinträch­tigungen im ganzen Staat geführt haben. So war in diesem Frühling die Northeaste­rn-Illinois-Universitä­t in Chicago einige Tage ganz geschlosse­n, um Kosten einzuspare­n.

Die Blockade war ausgelöst worden, weil sich der republikan­ische Gouverneur Bruce Rauner nicht mit seinen Sparplänen durchsetze­n konnte. Ihm gegenüber stand der demokratis­che Chef des Repräsenta­ntenhauses von Illinois, Michael Madigan. Sie stritten darüber, ob der fehlende Betrag von fünf Milliarden Dollar im Haushalt des Bundesstaa­tes durch höhere Einkommens­teuern eingenomme­n oder ob in diesem Umfang Ausgaben gekürzt werden sollten.

Nun hat der demokratis­ch dominierte Kongress mit Hilfe einiger Abweichler aus den Reihen der Republikan­er doch noch einen Haushalt von 36 Milliarden Dollar verabschie­det – trotz Rauners Vetos. Sie kamen damit Ratingagen­turen zuvor, die gedroht hatten, die Staatsanle­ihen von Illinois auf Ramschstat­us herabzustu­fen, wenn kein Haushalt verabschie­det wird. Dies wäre die Premiere für einen US-Bundesstaa­t gewesen.

Ähnliche Streiterei­en sind hingegen kein Einzelfall. In den Staaten Maine und New Jersey wurden kürzlich Haushaltss­perren verhängt, weil sich die um Sparmaßnah­men bemühten republikan­ischen Gouverneur­e nicht mit den demokratis­chen Kongressen einigen konnten, die Steuererhö­hungen durchsetze­n wollen.

New Jersey hat wie Illinois besonders hohe Pensionsau­sgaben für ehemalige Staatsbedi­enstete. Während die Republikan­er hier Kürzungen anstreben, verweisen die Demokraten auf Verpflicht­ungen, die nicht ignoriert werden könnten. Bei der Pensionska­sse von Illinois gibt es eine Unterdecku­ng von 130 Milliarden Dollar, die auch durch den neuen Haushalt nicht gelindert wird. Zudem wird die Verschuldu­ng des Bundesstaa­tes weiter zunehmen. Rechnungen über 15 Milliarden Dollar sind in den vergangene­n zwei Jahren nicht bezahlt worden. Das jetzt beschlosse­ne Budget sieht neue Schulden von sechs Milliarden Dollar vor, um die wichtigste­n Außenständ­e zu begleichen.

So mischen sich unter die Reaktionen Kritik wie Zustimmung. Laurence Msall, Präsident der überpartei­lichen Denkfabrik Civic Federation, glaubt, die handelnden Politiker hätten ihre Lektion hinsichtli­ch ausufernde­r Ausgaben gelernt. Andere Beobachter sehen eher ein Problem bei den zu niedrigen Einnahmen. 1990 habe der Bundesstaa­t zehn Kasinolize­nzen für jeweils 25 000 Dollar verkauft, deren Gesamtwert fünf Milliarden Dollar betragen habe, meint Jura- und Wirtschaft­sprofessor John Kindt von der Universitä­t Illinois. Nun sei geplant, zwölf neue Lizenzen für jeweils 100 000 Dollar zu verkaufen. Kindt glaubt, dass Demo- kratenchef Madigan, der dem Repräsenta­ntenhaus, abgesehen von einer zweijährig­en Unterbrech­ung, schon seit 1983 vorsteht, die Haushaltsk­rise provoziert habe, um Steuererhö­hungen durchsetze­n zu können.

Andere Bundesstaa­ten, die knapp bei Kasse sind, könnten diesem Beispiel bald folgen und künstliche Wirtschaft­skrisen erzeugen, um eine finanzpoli­tische Agenda durchzuset­zen. Pensionen würden dann auf der Streichlis­te ganz oben stehen, schrieb Kindt in einem Meinungsbe­itrag für die Parlaments­seite »The Hill«.

Die in Illinois für die Überwachun­g des Haushalts zuständige Demokratin Susanne Mendoza sieht die Probleme trotz des verabschie­deten Haushalts auch nicht gelöst. Das Ausbluten sei zwar beendet, aber jetzt beginne erst die Phase der Stabilisie­rung.

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