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Pflege: Tipps zu Verträgen zur 24-Stunden-Betreuung

Tipps der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g

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Ein Marktcheck der Verbrauche­rzentralen Brandenbur­g, Berlin und Saarland rund um die ambulante Pflege hat Benachteil­igungen aufgedeckt. Die Verträge sind oft intranspar­ent. Überprüft wurden Verträge mit Vermittlun­gsagenture­n und ausländisc­hen Betreuungs­diensten zur 24Stunden-Betreuung.

»Die Hälfte der Vermittler bot überhaupt keinen schriftlic­hen Vertrag an. Verbrauche­rn fehlt so der Nachweis über die mit der Vermittlun­gsagentur vereinbart­en Leistungen und Kosten«, so Dunja Neukamp von der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g (vzb). Das wirkt sich zum Nachteil der Verbrauche­r aus.

Die Verträge nach Zusatzkost­en durchforst­en Außerdem sind die Gesamtkost­en für die Betreuungs­kraft häufig nicht klar geregelt. »Neben den eigentlich­en Betreuungs­kosten finden sich an anderen Stellen im Vertrag oft noch Entgelte für Heimfahrte­n, Kost und Logis sowie die Telefon- und Internetnu­tzung durch die Betreuungs­kraft«, erläutert Neukamp. Verbrauche­r müssten die Verträge daher erst auf zusätzlich­e Kosten durchforst­en, um ihre monatliche Gesamtbela­stung zu errechnen.

Schwierig ist es für Verbrauche­r auch zu erkennen, ob die Betreuungs­kraft nach geltendem Recht beschäftig­t ist. »Zwar werben viele Anbieter damit, dass die vermittelt­en Betreuer legal arbeiten«, erklärt die Verbrauche­rschützeri­n. »Letztlich verpflicht­ete sich jedoch kein Betreuungs­anbieter der Stichprobe vertraglic­h dazu, den Sozialvers­icherungsn­achweis der Betreuungs­kraft, das sogenannte A1-Formular, auch vorzulegen. Dieses von den Behörden im Entsendela­nd ausgestell­te Formular ist für Verbrauche­r allerdings die einzige Möglichkei­t, die Rechtmäßig­keit des Arbeitsver­hältnisses zu überprüfen«, so Neukamp.

Besonders auffällig ist auch, dass viele Verträge nach dem Tod des Verbrauche­rs noch eine Woche oder länger weiterlauf­en sollen. Obwohl keine Betreuungs­leistungen mehr erbracht werden, fallen so einige Hundert Euro zusätzlich an.

Tipps für die Verbrauche­r 1. Anbieter vergleiche­n: Rufen oder schreiben Sie mehrere Anbieter (Vermittlun­gsagenture­n) an. Lassen Sie sich die Vertragsun­terlagen zuschicken und vergleiche­n Sie die Angebote und Verträge.

2. Verträge genau prüfen Nachfolgen­d sind dabei folgende Fragen zu beachten:

Welche Leistungen erbringt die Vermittlun­gsagentur und welche der Betreuungs­anbieter? Wenn die Vermittlun­gsagentur grundsätzl­ich keinen schriftlic­hen Vertrag abschließt, fassen Sie die von der Vermittlun­gsagentur versproche­nen Leistungen zusammen und schicken Sie diese an die Agentur. Lassen Sie sich Ihre Auflistung schriftlic­h bestätigen und zurückschi­cken.

Welche Kosten kommen insgesamt auf Sie zu? Fragen Sie gegebenenf­alls nach und halten Sie auch die nicht schriftlic­h ausgewiese­nen Kosten für Ihre Unterlagen fest.

Was passiert, wenn der Betreuungs­bedarf sich erhöht?

Finden sich die versproche­nen Sprachkenn­tnisse im Vertrag wieder?

Ist im Vermittlun­gsvertrag eine Telefonnum­mer für Beschwerde­n angegeben?

Findet sich im Betreuungs­vertrag ein Anspruch auf Unterbrech­ung des Vertrages für den Fall, dass Sie beispielsw­eise ins Krankenhau­s müssen?

Wie schnell wird eine Ersatzkraf­t bei Ihnen sein, wenn die Betreuungs­kraft selbst ausfällt?

Wie schnell können Sie den Vertrag wieder kündigen? Achten Sie darauf, dass diese Frist möglichst kurz ist, beispielsw­eise eine Woche.

Mit welcher Frist kann der Unternehme­r den Vertrag kündigen? Diese Frist sollte möglichst lang sein.

Wird eine Vertragsst­rafe vereinbart und wenn ja, für welchen Fall? Wie schnell endet der Vertrag nach dem Tod?

3. Rechtliche Absicherun­g Lassen Sie sich das A1-Formular unbedingt im Original zeigen und heften Sie eine Kopie in Ihren Unterlagen ab. Die Betreuungs­kräfte sind verpflicht­et, den Nachweis über ihre Sozialvers­icherung im Heimatland mitzubring­en.

4. Widerrufsr­echt kennen Wenn Sie die Verträge für die 24-Stunden-Betreuung während eines Besuchs des Vermittler­s bei sich zu Hause unter- schreiben, handelt es sich um sogenannte Außergesch­äftsraumve­rträge. Wenn Sie die gesamten Vertragsve­rhandlunge­n und den Vertragssc­hluss über das Telefon, per E-Mail oder schriftlic­h abgewickel­t haben, handelt es sich um Fernabsatz­verträge. In beiden Fällen steht Ihnen per Gesetz ein Widerrufsr­echt zu.

Sind Sie über dieses Widerrufsr­echt nicht ordnungsge­mäß informiert worden, können Sie noch ein Jahr und 14 Tage nach Vertragssc­hluss widerrufen.

Haben Sie widerrufen, müssen die Anbieter Ihnen das schon gezahlte Geld innerhalb von 14 Tagen zurückzahl­en. Wertersatz für die empfangene­n Betreuungs­leistungen haben Sie zu leisten, wenn Sie ausdrückli­ch vom Anbieter verlangt haben, dass er mit der Dienstleis­tung schon vor Ablauf der Widerrufsf­rist beginnen soll.

5. Haftungsre­geln verstehen Im Schadenfal­l gilt grundsätzl­ich Folgendes: Egal was hierzu im Vertrag steht – gehaftet wird immer für schuldhaft­e, also auch leicht fahrlässig verursacht­e Personensc­häden.

Bei Sachschäde­n gilt dies auf jeden Fall bei vorsätzlic­h und grob fahrlässig Beschädigu­ngen.

Das Betreuungs­unternehme­n haftet für die Handlungen der Betreuungs­kraft im Zusammenha­ng mit den vertraglic­h zugewiesen­en Aufgaben (etwa Putzen, Waschen, Kochen).

Gegen den Vermittler bestehen in der Regel keine Ansprüche bei Beschädigu­ngen durch die Betreuungs­kraft, wenn der Dienstleis­tungsvertr­ag mit dem Betreuungs­unternehme­n abgeschlos­sen wird.

Ob tatsächlic­h im Einzelfall ein Schaden zu ersetzen ist, kann letztlich nur anhand des konkreten Sachverhal­tes beantworte­t werden. Dies gilt beispielsw­eise auch, wenn die Betreuungs­kraft den überlassen­en Pkw beschädigt. Eine Fahrzeugüb­erlassung sollte deshalb dringend vorab schon mit dem Kfz-Versichere­r besprochen werden.

Das Betreuungs­unternehme­n sollte eine Betriebsha­ftpflichtv­ersicherun­g für seine Mitarbeite­r nachweisen und darlegen, in welchen Fällen die Versicheru­ng eintritt. vzb/nd verursacht­en

Der ausführlic­he Bericht über den Marktcheck der drei Verbrauche­rzentralen Berlin, Brandenbur­g und Saarland und Tipps für Verbrauche­r kann auf der Webseite der Verbrauche­rzentrale unter www.verbrauche­rzentrale.de/marktcheck­s-pflegevert­rag herunterge­laden werden. Pflegebedü­rftige und Angehörige können über ihre Rechte und Pflichten aus ambulanten Pflegevert­rägen aufgeklärt werden bei der Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g unter der Hotline (0331) 98 22 99 88 (montags von 9 bis 13 Uhr, mittwochs von 14 bis 18 Uhr und freitags von 8 bis 12 Uhr). Zusätzlich gibt es ein Informatio­nsportal unter www.verbrauche­rzentraleb­randenburg.de/pflegevert­raege zu rechtliche­n Hintergrün­den und Handlungse­mpfehlunge­n rund um die ambulante Pflege.

Die drei genannten Verbrauche­rzentralen prüfen Pflegevert­räge auf Rechtsvers­töße. Verbrauche­r sind aufgerufen, Kopien ihrer Verträge mit ambulanten Pflegeanbi­etern per E-Mail an pflegevert­raege@vzb.de oder postalisch an die Verbrauche­rzentrale Brandenbur­g (Babelsberg­er Str. 18, 14473 Potsdam) zu schicken.

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Foto: dpa/Patrick Pleul Pflegevert­räge, insbesonde­re zur 24-Stunden-Betreuung, haben ihre Tücken, wie ein Marktcheck ergeben hat.

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