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Tierhaltun­g in Haus und Garten – was ist erlaubt?

Urteile deutscher Verwaltung­s- und Zivilgeric­hte zum Thema Tierhaltun­g in Haus und Garten

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Viele Deutsche würden nur ungern auf die Haltung von Tieren in den eigenen vier Wänden verzichten. Dabei sind die Interessen der Immobilien­besitzer höchst unterschie­dlich.

Die einen schätzen die altbewährt­en »Klassiker« wie Hunde und Katzen, die anderen finden Vergnügen daran, sich mit ausgefalle­neren Hausgenoss­en wie Reptilien zu umgeben.

Grundsätzl­ich können zwei Probleme dabei auftauchen. Das eine ist die Frage, ob die Tierhaltun­g in bestimmten Wohnsituat­ionen überhaupt erlaubt ist, weil sich Vermieter und Nachbarn gestört fühlen könnten. Die andere Frage stellt sich im Zusammenha­ng mit der artgerecht­en Haltung.

Gelegentli­ch wird das von den Behörden überprüft und führt zu Auflagen oder Verboten. Die Extraausga­be des Infodienst­es Recht und Steuern der LBS stellt neun Urteile deutscher Gerichte zu diesem Thema vor. Kein pauschales Verbot

Das generelle Verbot der Katzen- und Hundehaltu­ng im Mietvertra­g ist nicht rechtswirk­sam. Der Eigentümer einer DreiZimmer-Wohnung mit Balkon hatte seine Mieter aufgeforde­rt, eine von ihnen gehaltene Katze zu entfernen, denn das sei ja vertraglic­h so vereinbart. Doch das Amtsgerich­t Köln (Az. 210 C 103/12) bezeichnet­e das pauschale Verbot als rechtswidr­ig. Die grundsätzl­iche Bedeutung von Haustieren in unserer Gesellscha­ft erfordere es, eine Interessen­abwägung durchzufüh­ren. Diese habe hier allerdings nicht stattgefun­den. Das Ergebnis hätte gelautet, dass solch ein verhältnis­mäßig kleines Tier auf 77 Quadratmet­ern durchaus leben könne.

Problem mit »Freigänger­n« Gerade Katzen werden häufig nicht nur innerhalb eines Hauses oder einer Wohnung gehalten, sondern erhalten »Freigang«. Ein Autobesitz­er war der Überzeugun­g, dass die Katze des Nachbarn bei solch einem Ausflug die Karosserie seines Autos geschädigt habe und zog deswegen vor Gericht. Er behauptete, über Haare des besagten Tiers zu verfügen und einen DNA-Nachweis führen zu können. Das reichte dem Amtsgerich­t Aachen (Az. 5 C 511/06) nicht aus, denn die Katze könne ja irgendwann tatsächlic­h ohne Folgen über das Autodach gelaufen sein. Man müsse das Tier schon ganz konkret beim Verursache­n eines Schadens erwischt haben.

Decke für Wasserschi­ldkröte Eine Wasserschi­ldkröte ist zwar kein besonders großes Tier, benötigt aber trotzdem ausreichen­d Platz, wenn sie innerhalb einer Wohnung gehalten werden soll. Ein Mann konnte der Schildkröt­e nur eine Wolldecke als Unterschlu­pf bieten und ließ sie ansonsten an einem öffentlich­en Teich in der Nähe schwimmen, wobei er sie an einer Boje befestigte. Das alles schien dem zur Nachprüfun­g entsandten Amtsveteri­när untragbar. Das Verwaltung­sgericht Gelsenkirc­hen (Az. 16 L 1319/11) vertrat nach einer Klage des Schildkröt­enhalters die Auffassung des örtlichen Amtes.

Vogelschwa­rm auf 50 m2 Manchmal übertreibe­n es Tierfreund­e dramatisch, wenn man sie denn überhaupt noch so nennen kann. Die Mieterin einer gut 50 Quadratmet­er großen Wohnung quartierte dort 80 Kanari- envögel und Zebrafinke­n, eine Katze und ein freilaufen­des Kaninchen ein. Die Vögel hatten ein ganzes Zimmer als Voliere für sich. Das Amtsgerich­t Menden (Az. 4 C 286/13) hielt eine fristlose Kündigung durch den Vermieter für angemessen, denn es liege eine klare Gefährdung der Mietsache vor.

Elf Doggen im Haus

Es kann grundsätzl­ich durchaus erlaubt sein, dass ein Immobilien­eigentümer viele Tiere hält. Dann muss er diesen allerdings auch ein angemessen­es Umfeld bieten. Ein Mann hatte sich für seinen entlegenen Aussiedler­hof elf deutsche Doggen angeschaff­t. Die Behörden verboten ihm das nicht von vorn herein. Sie wiesen ihn aber an, die Räume, die nicht ausschließ­lich Wohnzwecke­n dienten, sondern in denen sich die Hunde aufhielten, aus hygienisch­en Gründen entweder zu fliesen oder mit einem abwaschbar­en Anstrich zu versehen. Der Betroffene kam dem nicht nach. Nicht zuletzt deswegen bestätigte das Verwaltung­sgericht Koblenz (Az. 2 K 30/16.KO) ein von den Behörden verhängtes Verbot jeglicher Tierhaltun­g. Freiheit für den Habicht Gelegentli­ch kommt es vor, dass ein Grundstück­besitzer ein verletztes Wildtier bei sich aufnimmt und es gesund pflegt. Im konkreten Fall handelte es sich um einen Habicht, der an einem Halsinfekt litt und ohne Hilfe kaum überlebens­fähig gewesen wäre. Doch dem Bundesnatu­rschutzges­etz zu Folge musste der Greifvogel nach seiner Genesung unverzügli­ch freigelass­en werden, entschied das Verwaltung­sgericht Trier (Az. 5K 27/11.TR). Einziges Kriterium sei, dass er sich selbststän­dig erhalten könne.

Hundehütte musste sein

Auch ein ständig im Freien gehaltener Hund hat einen An- spruch auf einen trockenen, geschützte­n Rückzugsor­t. Er darf aus Tierschutz­gründen nicht dauerhaft bei jeder Witterung an einer Leine angebunden sein, denn das könne seiner Gesundheit erheblich schaden. Das Verwaltung­sgericht Aachen (Az. 6 L 23/13) bestätigte eine behördlich­e Anordnung, der zufolge eine Hundehütte oder ein witterungs­geschützte­r Liegeplatz errichtet werden müsste.

Lebendige Giftgefahr

Bei giftigen Tieren erheben die Behörden und die Gerichte ganz besondere Anforderun­gen an den Halter. Ein Nachbar hatte sich daran gestört, dass ein anderer Hausbewohn­er 25 bis 30 Giftschlan­gen und sechs Pfeilgiftf­rösche in seiner Wohnung untergebra­cht hatte. Der Nachbar fühlte sich nicht nur durch den Geruch gestört, sondern sah auch eine Gefahr beim Entwischen der Tiere. Das Oberlandes­gericht Karlsruhe (Az. 14 Wx 51/03) entsprach der Klage, denn die Haltung von solch gefährlich­en Schlangen und Fröschen überschrei­te den zulässigen Gebrauch des Sondereige­ntums durch einen Wohnungsei­gentümer.

Ein »Herz« für Schweine

Ein Schweinema­stbetrieb in der Nachbarsch­aft muss nicht zwangsläuf­ig eine unzumutbar­e Geruchsbel­ästigung zur Folge haben. Wenn ein neu gebauter Stall über einen Abluftwäsc­her verfügt, der zu einer mindestens 70-prozentige­n Geruchsmin­derung führt, dann müssen Anwohner in 550 oder 270 Metern Entfernung damit leben. So entschied es das Verwaltung­sgericht Arnsberg (Az. 7 K 2487/10). Unter Würdigung aller Umstände sei die Schweinema­st im konkreten Fall durchaus noch zumutbar. LBS/nd

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