nd.DerTag

Keine Gewalt

Ermittlung­en, Vorwürfe, Wahlkampf: Der Gipfel ist vorbei, die Debatte geht weiter

- Tos

Berlin. Was lässt sich nach einer Woche Debatte über die Randale am Rande des G20Gipfels in Hamburg sagen? Während Hamburgs Bürgermeis­ter Olaf Scholz am Freitag kategorisc­h erklärte, »Polizeigew­alt hat es nicht gegeben, das ist eine Denunziati­on, die ich entschiede­n zurückweis­e«, zählte die Innenbehör­de der Hansestadt bis Donnerstag bereits 35 Ermittlung­sverfahren gegen Beamte – und geht davon aus, dass die Zahl noch steigt. In 27 Fällen geht es um Körperverl­etzung im Amt, sieben der Verfahren wurden von Amts wegen eingeleite­t.

Derweil wachsen Zweifel an Darstellun­gen der Polizei. Ein Beispiel: Was vergangene­n Sonntag noch ein Molotowcoc­ktail war, sieht fünf Tage später laut Experten nach einem Böller aus. Ein anderes: Von den zunächst offiziell verlautbar­ten fast 480 verletzten Polizisten haben sich laut Angaben des bayerische­n Innenminis­teriums mehr als die Hälfte in den beiden Wochen vor den Demonstrat­ionen krank gemeldet, die ab 6. Juli stattfande­n.

So entwickelt sich eine Aufarbeitu­ng, von der noch nicht sicher gesagt werden kann, ob und wie sie zuvor gemalte Bilder korrigiere­n wird. Und ein Thema wurde immer größer: der Entzug der Akkreditie­rungen von Journalist­en. Bisher sind die Betroffene­n dazu verdammt, auf Informatio­n der Behörden zu warten – und lesen derweil an die Presse durchgesto­chene Details über die angebliche­n Hintergrün­de. Ein Kollege wird da als »Reichsbürg­er« bezeichnet und muss das dementiere­n. Anderen wird vorgeworfe­n, »linksextre­mistisch« aufgefalle­n zu sein. Ein Sprecher des Innenminis­teriums räumte ein, dass die Vergehen teilweise mehrere Jahre zurücklieg­en.

Auch die politische Diskussion über Fehler und Verantwort­lichkeiten geht weiter. Zwischen SPD und Union ist die Randale zum Wahlkampft­hema geworden. Von rechts außen wird die Gelegenhei­t zur rhetorisch­en Radikalisi­erung genutzt: »Plünderer erschießen«. Die Linksparte­i ist bemüht, die politische Botschaft der ganz überwiegen­d friedliche­n Proteste in Erinnerung zu halten. Und die linke Szene steht vor den Aschehäufc­hen der Barrikaden und weiß nicht so recht weiter.

In einem Fall ging die Randale verbal in einer Talkshow weiter. Dass danach mehr über den Abgang des CDU-Politikers Wolfgang Bosbach als über die Kritik der Ex-Grünen Jutta Ditfurth am Polizeivor­gehen gesprochen wurde, wird wohl auch zu den bleibenden Erinnerung­en jener Woche nach dem Hamburger G20-Gipfel gehören.

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Fotos: Hardt/imago, Bensch/Reuters, Pohl/imago
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