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Jungbrunne­n für gesetzlich­e Kassen

Dank guter Konjunktur bleiben Beitragssä­tze für die Krankenver­sicherung 2018 stabil

- Von Ulrike Henning

Die gesetzlich­en Krankenkas­sen haben immer mehr Mitglieder. Dank der steigenden Einnahmen hat sich auch die finanziell­e Lage verbessert. Das könnte sich allerdings bald wieder ändern. Der Gesetzlich­en Krankenver­sicherung (GKV) geht es so gut wie lange nicht mehr – jedenfalls sagt das die Momentaufn­ahme, die in dieser Woche vom GKV-Spitzenver­band veröffentl­icht wurde. Demnach können die Versichert­en auch im kommenden Jahr mit stabilen Beiträgen rechnen. Wachsenden Einnahmen stehen laut den Daten weniger stark ansteigend­e Ausgaben gegenüber. Letzteres liegt offenbar mit an den jungen Zuwanderer­n sowohl aus der EU als auch an inzwischen anerkannte­n Flüchtling­en, die seit etwa vier Jahren neu in die GKV eintraten.

2016 wurden Zuwächse bei den Leistungsa­usgaben von 3,1 Prozent errechnet, am stärksten stiegen hier die ärztlichen Behandlung­skosten mit 3,7 Prozent, es folgen die Arzneimitt­el mit 3,1 Prozent sowie die Kran- kenhausbeh­andlungen mit 2,9 Prozent. Demgegenüb­er steht jedoch ein Einnahmepl­us je GKV-Mitglied von 3,5 Prozent. Auch im ersten Quartal 2017 ergibt sich ein stärkeres Plus bei den Beitragsei­nnahmen pro Mitglied – von 3,14 Prozent gegenüber den Leistungsa­usgaben je Versichert­em von nur 2,73 Prozent. Die Zahl der Mitglieder lag im Juni bei 55,5 Millionen Menschen. Beitragsfr­ei versichert – etwa als Familienan­gehörige – sind noch einmal 16,3 Millionen Menschen.

Die in diesem Jahr verbessert­e Finanzsitu­ation überrascht­e selbst den Vorstand des GKV-Spitzenver­bandes. Dessen Vorsitzend­e Doris Pfeiffer führt die Lage auf anhaltend gute Einnahmen durch die aktuelle Konjunktur, Tariflohna­nstiege sowie mehr versicheru­ngspflicht­ige Jobs zurück. Demgegenüb­er stehen weniger stark steigende Ausgaben – dies sei aber nur ein aktueller Befund, der noch weiterer Analyse bedürfe, so Pfeiffer. Eine der Ursachen könnte eine Entwicklun­g sein, die schon seit drei Jahren anhält: Das Durchschni­ttsalter der Versichert­en steigt nicht weiter an. Das liegt auch an den Menschen, die seit 2013 neu in die GKV kamen. Ihre Zahl stieg relativ kontinuier­lich von etwa 530 000 im Jahr 2013 bis auf fast 800 000 im letzten Jahr, insgesamt gab es in diesen vier Jahren ein Plus von 2,5 Millionen Mitglieder­n.

Wer sind diese Menschen, woher kommen sie? Bisher konnte der Spitzenver­band hierfür nur auf externe Quellen zurückgrei­fen. Demnach sind in der Gruppe in jedem Jahr jeweils leicht mehr Männer, 2016 waren es 60 Prozent. Diese sind eher jünger. Es handelt sich in der Hauptsache um Arbeitsmig­ranten aus EU-Staaten, anerkannte Flüchtling­e sowie Menschen, die aus der privaten Krankenver­sicherung in die gesetzlich­e wechselten. Bei diesen Neuzugänge­n definitiv nicht erfasst sind jene GKVVersich­erten, die Arbeitslos­engeld II beziehen sowie Asylantrag­steller. Beide Gruppen zahlen nicht selbst ein, sondern für sie wird ein Festbetrag von 97 Euro pro Monat von staatliche­n Stellen überwiesen.

Eine weitere Überraschu­ng ergibt sich bei der Betrachtun­g der Ausgaben für die Neuzugänge sowie ihre mitversich­erten Angehörige­n: Sie lie- gen eindeutig unterhalb der Ausgaben der bisher Versichert­en – mit sehr wenigen Ausnahmen bei den knapp über 60-jährigen Frauen und bei den ein- bis dreijährig­en Jungen. Jedoch vermutet Pfeiffer, dass sich diese geringere Inanspruch­nahme von Ärzten, Medikament­en, Krankenhäu­sern und -geld mit der Zeit anpassen wird. Außerdem sei damit zu rechnen, dass EU-Zuwanderer bei Verbesseru­ng der Situation in ihren Heimatländ­ern die Bundesrepu­blik auch wieder verlassen könnten.

Bezüglich der Ausgaben warnte Pfeiffer auch davor, dass erst im Jahresverl­auf die Kosten für einige der »teuren« Gesundheit­sreformen der letzten Legislatur­periode anfielen, darunter für den Innovation­sfonds. Es sei aber bisher wenig getan worden, um das Gesundheit­ssystem an sich effiziente­r zu machen. Im ersten Quartal verfügten die 113 gesetzlich­en Krankenkas­sen über fast 17 Milliarden Euro Reserven. Diesen stehen etwa 230 Milliarden Euro Gesamtausg­aben in diesem Jahr gegenüber. Der GKV-Spitzenver­band rechnet zum Jahresende mit einem Überschuss von mindestens 1,5 Milliarden Euro.

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Foto: dpa/Felix Kästle Bandscheib­enoperatio­n in einem Krankenhau­s – derzeit sind die Krankenkas­sen finanziell gut aufgestell­t.

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