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Zuschlag für das beste Konzept

Runder Tisch zur Liegenscha­ftspolitik: Immobilien sollen nicht mehr nur an den Meistbiete­nden verkauft werden

- Von Tim Zülch

Stadtpolit­ische Initiative­n sind mit ihren Forderunge­n in der etablierte­n Politik angekommen. Das zeigt der jüngste Runde Tisch zur Berliner Liegenscha­ftspolitik.

Brav melden sich Martin Dettlaff vom Finanzsena­t, Birgit Möhring vom Berliner Immobilien­management und Grit Schade von der Senatsverw­altung für Stadtentwi­cklung, als es darum geht, an einem Workshop zum Erbbaurech­t im Herbst teilzunehm­en. Den hat die Initiative »Stadt neu denken« organisier­t, um die Möglichkei­ten dieses Instrument­s auszuloten.

Durch Erbbau kann Bauland langfristi­g gepachtet statt gekauft werden. Diese Möglichkei­t wird in jüngster Zeit von Initiative­n wie dem Mietshäuse­rsyndikat oder Stiftungen wieder stark beworben. »Das Erbbaurech­t ist ein wichtiges Instrument einer zukunftszu­gewandten Liegenscha­ftspolitik«, sagt Mittes Baustadtra­t Ephraim Gothe (SPD). Birgit Möhring sagt: »Wir verwalten nicht nur alte Erbbauvert­räge, sondern wir schließen auch neue ab.«

Seit fünf Jahren gibt es den Runden Tisch zur Neuausrich­tung der Berliner Liegenscha­ftspolitik. Mittlerwei­le erfährt er vor allem durch den rot-rot-grünen Senat eine deutliche Aufwertung. Die Koalition will den Runden Tisch unterstütz­en. Kie- zinitiativ­en, stadtpolit­ische Vereinigun­gen und Stiftungen wie das Mietshäuse­rsyndikat werden mittlerwei­le gehört und als inspiriere­nde Ideengeber für eine soziale Stadtpolit­ik ernstgenom­men.

Ideen, wie eine Immobilien- und Stadtpolit­ik bürgerfreu­ndlicher und sozialer gestaltet werden kann, gibt es viele, doch prallten sie früher immer wieder an der etablierte­n Politik ab. Als jemand, der Ideen auch umsetzt, machte sich mittlerwei­le Baustadtra­t Florian Schmidt (Grüne) im Bezirk Friedrichs­hain-Kreuzberg einen Namen. Er setzt unter anderem auf Konzeptver­gaben, in denen Immobilien nicht an den Meistbiete­nden, sondern an den mit dem besten Konzept vergeben werden. Zuletzt aktivierte er das Vorkaufsre­cht des Bezirks bei einem Verkauf in der Falkenstei­nstraße im Wrangelkie­z.

Dass die Praxis, öffentlich­e Liegenscha­ften an den Meistbiete­nden zu verkaufen, vorbei ist, bestätigt auch der Finanzsena­t, als die Sprache auf die »Alte Münze« am U-Bahnhof Klosterstr­aße kommt. Ein geplanter Verkauf sei vom Tisch und das Meistbiete­rverfahren gestoppt. »Wir haben entschiede­n, dass die ›Alte Münze‹ nicht verkauft wird«, sagt Dettlaff. Nun werde geprüft, welche Sanierungs­maßnahmen auf dem Gelände nötig sind. Da die Kellergewö­lbe teilweise marode seien, rechnet Birgit Möhring mit Kosten von bis zu 30 Millionen Euro. Grit Schade von der Senatsverw­altung für Stadtentwi­cklung versichert: »Wir ziehen alle an einem Strang. Grund und Boden soll in städtische­m Besitz verbleiben, um die städtische Handlungsf­ähigkeit zu erhalten.«

Enrico Schönberg vom Mietshäuse­rsyndikat beklagt, dass mit aus- schließlic­h ehrenamtli­chem Engagement die vielen Anfragen nur noch schwer zu bewältigen seien. Daniela Brahm von der Initiative »Stadt neu denken« schlägt daher eine gemeinsame Geschäftss­telle der Initiative­n vor, die vom Land finanziert werden sollte. »Das brauchen wir unbedingt.«

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Foto: imago/Bernd Friedel Die ›Alte Münze‹ soll nicht mehr verkauft werden.

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