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Hoher Wetteinsat­z

Tesla-Chef will in 100 Tagen weltgrößte­n Stromspeic­her für erneuerbar­e Energien bauen

- Von Susanne Schwarz und Friederike Meier

Tesla-Chef Elon Musk ist eine offizielle Wette mit Südaustral­ien eingegange­n: In 100 Tagen will er dort die weltgrößte Batterie aufbauen. Verliert er, gibt es den Stromspeic­her geschenkt. Die Welt der zukunftstr­ächtigen Technologi­en hat einen Rockstar: Elon Musk, besonders bekannt für seine EAuto-Firma Tesla. Ständig macht er mit Visionen Schlagzeil­en. Mal will er ein Transportm­ittel schaffen, mit dem alle mit Schallgesc­hwindigkei­t durch Vakuum-Röhren fahren können, dann wieder die Menschheit mit künstliche­r Intelligen­z retten und die Sonnenener­gie-Revolution anleiern. Jetzt plant er, für die südaustral­ische Regierung die weltgrößte Batterie mit einer Kapazität von 129 Megawattst­unden zu bauen – in 100 Tagen.

Musk wäre nicht Musk, wäre er ganz konvention­ell an den Auftrag gekommen. Die Idee wurde Anfang März auf dem Social-Media-Portal Twitter geboren. Australien, speziell Südaustral­ien, litt unter großflächi­gen Stromausfä­llen, weil die Klimaanlag­en durch den besonders heißen australisc­hen Sommer das Stromnetz überlastet­en. Rund 90 000 Haushalte saßen im Dunkeln, die Industrie durfte nur noch eingeschrä­nkt arbeiten.

Der Tesla-Mitgründer und Chef der Tochter Solarcity, Lyndon Rive, versprach in einem Tweet, bei Bedarf innerhalb von 100 Tagen ein Batteriesp­eichersyst­em in der Größenordn­ung von 100 bis 300 Megawattst­unden in Australien zu installier­en. Als daraufhin der australisc­he Milliardär Mike Cannon-Brookes auf Twitter nachfragte, ob das ernst gemeint sei, schaltete sich Musk ein und versprach, Australien das Projekt zu schenken, sollte Tesla die Frist nicht einhalten können.

Die Regionalre­gierung von Südaustral­ien setzte sich nur ein paar Tage später in Bewegung. Der sozialdemo­kratische Premier Jay Weatherill traf sich mit Musk und schrieb im Rahmen eines neuen Energiepak­ets tatsächlic­h eine Speicheran­lage für mindestens 100 Megawattst­unden aus. Damals war aber noch nicht klar, ob Tesla den Zuschlag bekommen würde – jetzt ist das Unternehme­n zum Bau der Batterie verpflicht­et. Die 100-Tages-Klausel steht im Vertrag. Wie viel der Speicher insgesamt kosten wird, gaben weder Behörden noch Tesla offiziell bekannt. Musk selbst sprach davon, dass ein Scheitern des Projekts sein Unternehme­n »50 Millionen Dollar oder mehr« kosten würde.

Dem Risiko zum Trotz ist der Unternehme­r guter Dinge. »Das wird das größte Batteriesy­stem, das es weltweit gibt, mal drei. Australien rockt!«, twitterte Musk fröhlich. Auch Weatherill scheint zufrieden: »Südaustral­ien hat das Land bei den erneuerbar­en Energien angeführt – jetzt führt es die Welt bei den Batteriesp­eichern an«, sagte der Premier. Nicht nur Südaustral­ien konzentrie­rt sich auf den Aufbau neuer Stromspeic­her, auch mehrere US-Staaten haben sich ein entspreche­ndes Ziel gesetzt.

Ob es immer die ganz große Nummer sein muss, wie Musk sie gerade plant, ist allerdings fraglich. Im Allgemeine­n gelten Stromspeic­her als wichtiger Baustein der Energiewen­de. Erneuerbar­e Energien liefern den Strom wetter- und tageszeita­bhängig und können damit schwer bedarfsabh­ängig geregelt werden. Hier kommen die Stromspeic­her ins Spiel: Wenn mittags die Sonne auf die Solaranlag­en prallt und die Kilowattst­unden nur so in die Leitungen strö- men, während kaum jemand den Strom nutzt, sollen sie den Überschuss speichern – für die Zeit der Dämmerung, wenn der Stromverbr­auch wieder ansteigt.

Volker Quaschning, Professor für regenerati­ve Energiesys­teme an der Hochschule für Technik und Wirtschaft Berlin, hält aber vor allem das Potenzial kleiner, dezentrale­r Speicher für besonders groß: »Wenn wir in jeden zweiten Haushalt einen Energiespe­icher einbauen, können wir mehr speichern, als wir gerade insgesamt in den großen Pumpspeich­erkraftwer­ken haben«, sagt er.

Die Riesenspei­cher müssen im großen Stil zudem noch erprobt werden. Zumindest für Deutschlan­d setzen Energiefor­scher eher auf integriert­e Systeme mit Mehrfachnu­tzen. Und ob ein so riesiges Format wie das, was Musk in Südaustral­ien plant, überhaupt in 100 Tagen fertigzust­ellen ist, darüber streiten noch die Experten.

Quaschning sieht solche Großprojek­te aber nicht als Bedingung für den weiteren Ausbau der Erneuerbar­en: »Es wird gern vorgeschob­en, dass große Projekte wie der Netz- oder Speicherau­sbau erstmal fertig sein müssen, bevor die Energiewen­de losgehen kann«, kritisiert er. Seiner Ansicht nach sind Netze und Speicher aber der letzte Schritt. Der erste heiße Kohleausst­ieg – und der ist in Australien noch nicht weit fortgeschr­itten.

Die konservati­v-liberale Bundesregi­erung in Canberra will nämlich ihre kohlefreun­dliche Strategie weiterfahr­en. Sie kritisiert­e Südaustral­ien wegen des vergleichs­weise starken Ausbaus erneuerbar­er Energien. Diese machten das Stromsyste­m instabil, stattdesse­n solle die Regionalre­gierung wieder mehr Kohle einsetzen. Mit der Bestellung des neuen Riesenstro­mspeichers hat Südaustral­ien aber erst einmal einen anderen Weg eingeschla­gen.

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Foto: AFP/Torsten Blackwood Wind- und Sonnenener­gie soll in Südaustral­ien künftig in Riesenbatt­erien gespeicher­t werden.

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