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Zwergschwä­ne verzögern Ausbau

In Schleswig-Holstein drückt die Regierung beim Bau der A 20 vergeblich aufs Gaspedal

- Von Dieter Hanisch, Kiel

Der A 20-Ausbau in Schleswig-Holstein wird zur unendliche­n Geschichte. Die eben abgelöste Landesregi­erung kam kaum voran und legte der neuen Koalition auch noch Steine in den Weg, behauptet diese. Die gerade abgewählte Landesregi­erung schaffte in ihrer fünfjährig­en Amtszeit keinen Kilometer Weiterbau. Der neue Ministerpr­äsident Daniel Günther (CDU) versprach großspurig für seine nun startende fünfjährig­e Legislatur­periode den Fortbau der von der brandenbur­gischen Uckermark ausgehende­n Ost-WestVerbin­dung bis zur Elbe, doch sein Wunschdenk­en deckt sich nicht mit der bauplaneri­schen Realität. Als neuer Bremsfakto­r erweisen sich mehrere hundert Zwergschwä­ne.

Rund um Bad Segeberg waren es Fledermäus­e (2012/2013), die die geplante Trassenfüh­rung durch höchstrich­terliche Entscheidu­ng des Bundesverw­altungsger­ichts ausbremste­n, dann machte ein Seeadlerho­rst (2015) dem geplanten Straßenver­lauf im Kreis Steinburg einen Strich durch die Rechnung. Und nun erweist sich eine große Zwergschwa­nkolonie ebenfalls im Kreis Steinburg als Naturschut­z-Hindernis. Erstmals wurde diese bereits 2012 aktenkundi­g. Dann verlor die Planungsbe­hörde das Thema aus den Augen, ehe es 2015 wieder auf dem Radar zurückkehr­te, jedoch nicht kommunizie­rt wurde. Als die CDU die zu dem Zeitpunkt noch SPD-ge- führte Landesregi­erung im vergangene­n Februar nach artenschut­zrelevante­n Planungshe­mmnissen fragte, bekam sie zur Antwort, dass es keine Probleme gebe, die nicht bewältigt werden könnten und der Gesamtplan­ung widerspräc­hen.

Als der neue FDP-Verkehrsmi­nister Bernd Buchholz sich in diesen Ta- gen bei der Fachbehörd­e Landesbetr­ieb Straßenbau und Verkehr über den neuesten Planungsst­and in Sachen A 20 vergewisse­rte, erfuhr er von der naturschut­zrechtlich­en Zwergschwa­n-Problemati­k, die wohl auch wegen fehlenden Personals und zunehmende­r Arbeitsver­dichtung planerisch zurückgest­ellt wurde.

Sechs Teilstücke mit rund 70 Kilometern sind in Schleswig-Holstein noch zu realisiere­n, nur eines davon mit 22 Kilometern ist »planfestge­stellt«. Das erfuhren die Mitglieder des Verkehrsau­sschusses in der Vorwoche im Landtag. Buchholz sagte dort, dass alle vom Vorgängerm­inister Reinhard Meyer (SPD) in Sachen A 20 kommunizie­rten ausstehend­en Planfestst­ellungster­mine nicht mehr belastbar seien. In einem halben Jahr will der FDP-Minister eine neue Zeittafel präsentier­en. Die CDU spricht nun davon, dass sie belogen worden sei und SPD wie Grüne aus wahltaktis­chen Gründen die Öffentlich­keit nicht über sich neu abzeichnen­de Planungsve­rzögerunge­n informiert hätten.

In der Vorgängerr­egierung mit SPD und dem Südschlesw­igschen Wählerverb­and hatten die Grünen keinen Hehl aus ihrer Ablehnung des A 20-Weiterbaus gemacht. Im Koalitions­vertrag platzierte­n sie seinerzeit die Bedingung, dass ein Fortbau nur unter Berücksich­tigung des vorrangige­n Lückenschl­usses zur A 7 erfolgen dürfe, auch wenn westlich davon gelegenere Teilstücke eventuell eher Baureife erzielen. Nun im Jamaika-Bündnis schlucken die Grünen die A 20-Kröte allerdings ohne Bedingunge­n.

Wer welcher Vorgängerr­egierung nun welche Versäumnis­se vorwirft, dazu wird diese Woche in der Plenartagu­ng des Kieler Landtags ein heftiger verbaler Schlagabta­usch erwartet. Denn zur A 20 wurde nun eine Aktuelle Stunde angesetzt.

Ein Umweltberi­cht zum Bundesverk­ehrswegepl­an hielt im vergangene­n Jahr fest, dass die Realisieru­ng des A 20-Folgestück­s von Schleswig-Holstein über die Elbe bis ins niedersäch­sische Westersted­e volkswirts­chaftlich gerechnet das mit Abstand umweltschä­dlichste Bauprojekt Deutschlan­ds darstellt. Flächenfra­ß, Gefährdung von Naturschut­zgebieten und Gesichtspu­nkte des Artenschut­zes fallen demnach gravierend negativ ins Gewicht.

Sechs Teilstücke der A 20 mit insgesamt 70 Kilometern sind in Schleswig-Holstein noch zu realisiere­n, nur eines davon ist »planfestge­stellt«.

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Foto: dpa/Carsten Rehder Die Autobahn 20 bei Geschendor­f in Schleswig-Holstein

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