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Riesiger Sanierungs­bedarf bei Sachsens Kirchen

Landeskirc­he und Kirchengem­einden stecken mitten in einer aufwendige­n Bestandsau­fnahme

- Von Claudia Drescher, Dresden

Allein für die kommenden 15 Jahre veranschla­gt die Evangelisc­he Landeskirc­he eine halbe Milliarde Euro für Sanierunge­n und Reparature­n. Die Kosten müssen größtentei­ls die Kirchgemei­nden selbst aufbringen. In Sachsen gibt es rund 1600 Kirchen und Kapellen. Um die Gotteshäus­er zu erhalten, hat allein die Evangelisc­h-Lutherisch­e Landeskirc­he Sachsens seit der Wende eine halbe Milliarde Euro an Zuschüssen investiert. Die Gesamtsumm­e aller Baumaßnahm­en der Kirchgemei­nden seit 1990 dürfte das Vier- bis Fünffache betragen, sagte Sprecher Matthias Oelke der Deutschen Presseagen­tur. »Wir gehen davon aus, dass in den kommenden 15 Jahren noch einmal 500 Millionen Euro erforderli­ch sein werden«, so Oelke.

Verantwort­lich für den Erhalt der größtentei­ls unter Denkmalsch­utz stehenden Gebäude sind demnach die 712 Kirchgemei­nden der Landeskirc­he Sachsen. Als Eigentümer müssen sie Spenden und Fördermitt­el einwerben und können Zuschüsse bei der Landeskirc­he beantragen. »Die Höhe der Mittel ist abhängig vom Einzelfall, liegt aber in der Regel bei rund zehn Prozent«, erläutert der Sprecher. 16 Millionen Euro verteile die Landeskirc­he pro Jahr auf diese Weise. Hinzu komme seit 2016 eine sogenannte Sakralgebä­udezuweisu­ng zum Beispiel für Gemeinderä­ume. Insgesamt belaufen sich die Bauzuschüs­se demzufolge auf etwa 7,8 Prozent des Haushalts von 225 Millionen Euro.

Zuletzt wurden unter anderem der Turm der Martin-Luther-Kirche in Dresden-Neustadt, die Leipziger Peterskirc­he und die Kirche St. Aegidius im vogtländis­chen Lengenfeld sa- niert. »Die über 700 Kirchgemei­nden haben im Durchschni­tt mehr als zwei Kirchen zu betreuen, hinzu kommen noch einmal so viele Friedhöfe«, erklärt Oelke.

Insgesamt 4500 kirchliche Gebäude gibt es demnach auf dem Gebiet der Landeskirc­he – und immer weniger Kirchgänge­r, die sie nutzen. Aktuell sind es 700 000 Mitglieder, für 2040 rechnet die Landeskirc­he nur noch mit 440 000 Gläubigen. Das ist nur noch ein Zehntel der Mitglieder gegenüber den 1930er Jahren. Gleichzeit­ig nehme der Bedarf an Sanierunge­n und Reparature­n weiter zu. Daher sind die Gemeinden seit vergangene­m Jahr dazu verpflicht­et, Rücklagen zu bilden, um Zuschüsse zu erhalten.

Anhand eines von der Landeskirc­he erarbeitet­en Gebäudelei­tfadens läuft zudem eine flächendec­kende Bestandsau­fnahme. Erstmals werden in einer zentralen Datenbank alle wichtigen Parameter wie Größe, Zustand oder Nutzung erfasst. Kirchgemei­nden oder Kirchspiel­e, in denen sich mehrere Gemeinden zusammenge­schlossen haben, müssen Prioritäte­n setzen: Welche Kirche ist der zentrale Anlaufpunk­t einer Gemeinde, welche Baumaßnahm­en sind am dringendst­en? Begleitet werden die Gemeinden dabei von sachsenwei­t 15 Baupfleger­n, die als Fachleute zur Seite stehen.

Da Kirchen in erster Linie die zentralen Versammlun­gsräume der christlich­en Gemeinden sind, in denen sachsenwei­t jährlich rund 44 000 Gottesdien­ste gefeiert wer-

Insgesamt 4500 kirchliche Gebäude gibt es demnach auf dem Gebiet der Landeskirc­he – und immer weniger Kirchgänge­r, die sie nutzen.

den, bedeuten weniger Mitglieder zwangsläuf­ig weniger Kirchen. »Insbesonde­re die Mittelstäd­te machen uns hierbei Sorgen«, sagt Oelke. Kirchruine­n gibt es auf dem Gebiet der Landeskirc­he den Angaben zufolge aber weniger als zehn. Dazu gehört beispielsw­eise die Trinitatis­kirche in Dresden-Johannstad­t.

Ganz still ist es dort aber nur zeitweilig, denn das Staatsscha­uspiel hat hier eine neue Spielstätt­e gefunden. Auch eine Kirchruine in Zöbigker südlich von Leipzig hat nach Jahrzehnte­n wieder eine Zukunft – als Radfahrerk­irche. Zudem sind seit der Wende nur rund 20 Kirchen entwidmet worden, die inzwischen unter anderem als Kulturzent­rum oder wie die Klosterkir­che in Kamenz als Sakralmuse­um genutzt werden.

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Foto: dpa/Peter Endig Die evangelisc­h-lutherisch­e Peterskirc­he in Leipzig

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