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Generalstr­eik leitet heiße Woche ein

Venezuelas Opposition will mittels Demonstrat­ionen die Wahl zur Verfassung­gebenden Versammlun­g verhindern

- Von Martin Ling mit Agenturen

Nach dem symbolisch­en Referendum rief Venezuelas Opposition zum Generalstr­eik gegen die von der Regierung geplante Verfassung­gebende Versammlun­g. Ein Ende der Konfrontat­ion ist nicht in Sicht. Venezuelas Polarisier­ung zeigte sich auch während des 24-stündigen Generalstr­eiks, zu dem die Opposition von Donnerstag zwölf Uhr an aufgerufen hatte. In Vierteln von Caracas, in denen vor allem Anhänger von Präsident Maduro leben, lief das Leben normal weiter. Eine Angestellt­e der Stadt gab an, sie wolle nicht an dem Streik teilnehmen, aus Angst, ihren Job zu verlieren. Maduro erklärte, Schlüssels­ektoren seien zu »100 Prozent« unberührt von dem Generalstr­eik. Dagegen gaben Opposition­sführer an, 85 Prozent der Aufgerufen­en hätten sich an dem Ausstand beteiligt. Beide Angaben sind Auslegungs- und Glaubenssa­che. Sicher ist, dass viele Venezolane­r den ganzen Tag beschäftig­t sind, irgendwo noch Lebensmitt­el zu bekommen. »Wegen der massiven Geldentwer­tung, dem Einbruch der Öleinnahme­n und der Bedienung der Auslandssc­hulden wird immer weniger eingeführt – der Staat hat dafür kein Geld mehr. Sogar das Mehl für Brot fehlt«, schildert Nicmer Evans die Lage. Evans war in der Ära Chávez (1999-2013) einst in leitender Funktion im Bildungsmi­nisterium tätig, ist inzwischen aber ein scharfer Kritiker der Regierung Maduro von links.

Sicher ist, dass es bei Ausschreit­ungen rund um den Generalstr­eik Tote gegeben hat. Ein 24-jähriger Demonstran­t sei in Los Tuques am Rande von Caracas erschossen worden, teilte die Staatsanwa­ltschaft mit. Zudem sei ein 23-Jähriger in der nördlichen Stadt Valencia getötet worden. Wer für die Todesfälle verantwort­lich war, wurde nicht mitgeteilt. Fast 370 Menschen wurden bei den Protesten gegen die von Staatspräs­ident Nicolás Maduro geplante Verfassung­sänderung festgenomm­en, wie die Nichtregie­rungsorgan­isation Foro Penal am Donnerstag (Ortszeit) erklärte. Bei den Ausschreit­ungen wurden den Angaben zufolge auch etwa ein Dutzend Menschen verletzt.

In Teilen der Hauptstadt Caracas und anderen Landesteil­en, darunter der zweitgrößt­en Stadt Maracaibo, blieben die Geschäfte geschlosse­n und der öffentlich­e Verkehr stand still. In Maracaibo kamen laut der Tageszeitu­ng »Ultimas Noricas« zwei Menschen bei Stromschlä­gen ums Leben, als sie in einen geschlosse­nen Supermarkt einstiegen.

Sicherheit­skräfte setzten vielerorts Tränengas und Schrotgesc­hosse ein. Demonstran­ten warfen auch Steine auf Mitarbeite­r des staatliche­n Fernsehsen­ders VTV, die von der Polizei in Sicherheit gebracht wurden.

Die von der Opposition ausgerufen­e »Stunde null«, um die am 30. Juli geplante Wahl zu einer Verfassung­gebenden Versammlun­g zu stoppen, ist in vollem Gange. Ausgang ungewiss – Gewalt sicher.

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