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Inklusion ja, Bevorzugun­gnein!

Nach seinem WM-Sieg in London stimmt Paralympic­s-Kugelstoße­r Niko Kappel nachdenkli­che Töne an

- SID/nd

hat sich gut zehn Monate nach einem Paralympic­sTriumph von Rio auch erstmals zum Weltmeiste­r gekrönt. Der 22-Jährige aus Sindelfing­en gewann das Kugelstoße­n bei der Para-Leichtathl­etik-WM in London mit Weltrekord­weite von 13,81 m und verwies Lokalmatad­or Kyron Duke deutlich auf den zweiten Platz. Mit Deutschlan­ds Behinderte­nsportler des Jahres sprach Ulrike Weinrich auch über das Thema Inklusion und seine politische­n Ambitionen.

Nach Gold bei den Paralympic­s in Rio 2016 haben Sie sich auch den Traum vom WM-Titel mit Weltrekord­weite erfüllt. Wie erleichter­t sind Sie?

Weltmeiste­r? Das hört sich schon super an, das hatte ich bis jetzt ja noch nicht. Mir war es wichtig, dass ich meine Leistung zeigen kann. Das ist mir gut gelungen. Ich habe jetzt schon wieder Bock auf die nächste Saison.

Nach Ihrem Triumph in Rio waren Sie öffentlich sehr präsent. Sie wurden in Talkshows eingeladen und haben Vorträge gehalten. Was kommt jetzt nach London?

Ich hoffe, dass es ungebroche­n so weiter geht. Mein Ziel ist es, dass unser Sport nicht nur bei den Paralympic­s im Blickpunkt steht, und danach wird es wieder still. Daran müssen wir Athleten arbeiten, wir müssen uns zeigen. Wir brauchen uns nicht zu verstecken. Sie trainieren im Alltag in einer integrativ­en Gruppe mit Coach Peter Salzer sowie unter anderem Tobias Dahm und Lena Urbaniak. Wie wichtig ist das in punkto Inklusion? Inklusion bedeutet für mich, dass innerhalb der Gruppe eine Gleichstel- lung auf Augenhöhe stattfinde­t. Und es ist toll, wenn man auch als Handicap-Sportler die Leute begeistern kann.

In Deutschlan­d wird dieser Tage viel über das Thema Inklusion gespro- chen. Wie beobachten Sie diese Diskussion?

Ich habe das Gefühl, dass Inklusion auch immer ein bisschen an denen scheitert, die davon betroffen sind. Wenn ich sehe, was ich als Kleinwüchs­iger alles für Vorteile haben könnte, das ist für mich keine Gleichstel­lung. Egal, ob es im Berufslebe­n ist oder im Sport. Leider sehe ich in der Inklusion eine zunehmend falsche Entwicklun­g, nämlich eine hin zur Bevorzugun­g.

Haben Sie dafür ein Beispiel parat? Neulich stand ich am Flughafen in Berlin vor der Sicherheit­sschleuse. Da kam ein Rollstuhlf­ahrer von hinten und ist komplett an der Schlange vorbeigero­llt. Keiner von den 40 Leuten hat etwas gesagt. Und wenn nur einer von ihnen Personalve­rantwortun­g in einer Firma hat, dann wird er beim nächsten Einstellun­gsgespräch mit einem Rollstuhlf­ahrer genau dieses Bild vor Augen haben: Rollstuhlf­ahrer bedeutet Sonderposi­tion. Er wird sich keinen Moment darauf konzentrie­ren, was dieser Mensch intellektu­ell drauf hat. Aber es sollte eigentlich nur darum gehen, ob einer für den Job geeignet ist – oder eben nicht.

Sie sitzen für die CDU im Gemeindera­t von Welzheim. Wie weit gehen Ihre politische­n Ambitionen? Das muss man mal sehen. Das Arbeiten im Gemeindera­t macht aber großen Spaß. Am vergangene­n Dienstag hatten wir Sitzung, da war ich aber schon in London. Ich hoffe, meine Fraktions- und Ratskolleg­en verzeihen mir und sind zufrieden mit der Goldmedail­le.

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Foto: dpa/Paul Harding Niko Kappel in London

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