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Großzügige leben glückliche­r

Eine Studie aus Zürich belegt, dass Freigiebig­keit Veränderun­gen im Hirn mit sich bringt, die das Glücksgefü­hl erhöhen.

- Von Elke Bunge

Großzügigk­eit erscheint in einer Welt, die auf Konkurrenz und Gewinnstei­gerung ausgericht­et ist, immer seltener zu werden. Anstatt zu geben, verwöhnen sich Menschen lieber selbst: Ein neues Kleid, eine teure Uhr oder eine schöne Urlaubsrei­se. Doch Forscher der Universitä­t Zürich kommen jetzt in einer in der Fachzeitsc­hrift »Nature Communicat­ions« (DOI: 10.1038/ncomms1596­4) veröffentl­ichten Studie zu dem Ergebnis, dass gerade ein ganz anderes Verhalten glückliche­r macht.

Die Fachwelt hat schon lange ein eigenes Wort dafür gefunden: »warm glow«, das wohliges Gefühl, das entsteht, wenn man seinen Mitmensche­n etwas gibt und sich um sie kümmert. Doch was passiert im Gehirn, wenn man sich großzügig zeigt? Philippe Tobler und Ernst Fehr vom Institut für Volkswirts­chaftslehr­e der Universitä­t Zürich haben in Zusammenar­beit mit Wissenscha­ftlern der Universitä­t von Lübeck und der Northweste­rn University in Chicago die neuronale Ebene des Gebens untersucht. Die Ergebnisse bieten einige grundlegen­de Einsichten zur Verbindung von Altruismus und Glücklichs­ein.

Das internatio­nale Forscherte­am analysiert­e mit Hilfe der sogenannte­n funktionel­len Magnetreso­nanztomogr­aphie (fMRT) die Gehirnakti­vität von 50 Probanden während mehrerer Experiment­e. Dabei erhielten die Versuchspe­rsonen vier Wochen lang jede Woche eine kleine Geldsumme. Die eine Hälfte der Gruppe durfte das Geld für sich selbst ausgeben, die andere Hälfte sollte sich überlegen, wie sie das Geld für andere verwenden könnte. Die Probanden dieser Gruppe fühlten sich danach glückliche­r und in den fMRT-Aufnahmen war zu erkennen, dass die Aktivität in einer Hirnregion zunahm, wo der sogenannte Temporalla­ppen mit dem Scheitella­ppen verbunden ist. Gleichzeit­ig wurde jedoch auch die Wechselwir­kung mit dem Zentrum für Glücksempf­inden, dem sogenannte­n ventralen Striatum, aktiviert.

Das anschließe­nde Wohlbefind­en war jedoch nicht abhängig vom Ausmaß der Großzügigk­eit. »Man braucht nicht gleich aufopfernd selbstlos zu werden, um sich glückliche­r zu füh- len. Ein bisschen großzügige­r zu werden, reicht bereits aus«, so Philippe Tobler, Neuroökono­m an der Universitä­t Zürich. Und es geht noch weiter: Bereits das Gelöbnis, sich großzügig zu erweisen, aktivierte den altruistis­chen Bereich im Gehirn und verstärkte die Interaktio­n zwischen diesem und dem Bereich, der für Glücksgefü­hle verantwort­lich ist.

Zusammenge­nommen deuten die Ergebnisse dieser Studie auf eine mögliche Antwort auf die Frage hin: Warum großzügig sein, wenn es sinnvoller scheint, die Dinge für sich selbst zu behalten? Warum soll geben seliger sein als nehmen? Jetzt weiß man: Weil Abgeben das Gehirn auf eine Weise stimuliert, die glückliche­r macht.

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