nd.DerTag

Heimkehrer

- Von Klaus Joachim Herrmann

Die Mission des russischen Botschafte­rs in den USA wurde am Wochenende beendet. Wie kaum jemals ein Diplomat in Washington war Sergej Kisljak ein außerorden­tlicher und bevollmäch­tigter Botschafte­r des Anstoßes. Werden US-Politiker missliebig­er Kontakte mit Moskau verdächtig­t, fällt in aller Regel sein Name. Mit Kontaktpfl­ege zur Verbesseru­ng der Beziehunge­n mit Washington beauftragt, hätte der 66-Jährige nicht emsiger sein können. Allerdings auch kaum weniger erfolgreic­h.

Dafür sorgt eine russophobe Atmosphäre nach Mc-Carthy-Art. Wer sich mit dem Diplomaten auf politische Gespräche einließ, wurde von US-Geheimdien­sten bespitzelt. Deren Abhörproto­kolle machen als Selbstvers­tändlichke­it die öffentlich­e Runde. Zuletzt wurde Justizmini­ster Jeff Sessions in der »Washington Post« von ihnen denunziert.

Botschafte­r Kisljak galt längst als die Hand Moskaus, wenn nicht gar als die rechte von Kremlchef Putin persönlich. Wer sich also mit dem Missionsch­ef traf, wer davon nicht rechtzeiti­g oder unvollstän­dig Kunde gab oder gar leugnete, muss übler Verdächtig­ungen bis hin zum Landesverr­at gewärtig sein. Der Diplomat bezeichnet­e sich schon selbst als den »radioaktiv­sten Mann in Washington«. Wer sich nicht mit ihm traf, kann unbeschwer­ter auftre- ten, doch fehlt fortan eine Art höhere Weihe.

Die vorerst letzte und eher sparsam wahrgenomm­ene Möglichkei­t, sie zu erlangen, gab es bei einem Abschiedsm­pfang des Karrieredi­plomaten, gelernten Ingenieurs und Außenhändl­ers sowie Sicherheit­s- und Abrüstungs­experten. Das Fest galt aber auch eher »Kollegen und Freunden«. Davon hat der Vizeaußenm­inister, der seit neun Jahren Botschafte­r in den USA war, den Fotos nach mehr als genug.

Die sitzen auch in Moskau, wo schon der nächste Karrieresc­hritt Kisljaks gemutmaßt wird: der Nordamerik­aexperte kommt in den außenpolit­ischen Ausschuss des Föderation­srates. Dazu müsse er erst einmal zum Senator gewählt werden, mahnte jemand. Das aber dürfte zu machen sein.

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Foto: dpa/Justin Lane Sergej Kisljak war Russlands Botschafte­r in den USA.

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