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Unterschri­ften sammeln für die Bienen

Deutsche Umwelthilf­e will Protestmai­laktion an den künftigen Bundesland­wirtschaft­sminister starten

- Von Haidy Damm

Die Starköchin Sarah Wiener und die Deutsche Umwelthilf­e haben vor den Folgen des anhaltende­n Bienenster­bens gewarnt und eine Wende in der Landwirtsc­haft gefordert. Am Ende gab es Vollkornbr­ot, mit Pilzen belegt und garniert mit Kresse oder mit orange leuchtende­r Kürbispast­e, verschöner­t mit lila Blütenblät­tern. Schön anzusehen, lecker – und doch als Warnung gemeint. Denn das anhaltende Bienenster­ben führt laut Sarah Wiener zu mehr Eintönigke­it beim Essen. Ohne die Bestäubung­sleistung der Bienen würden viele Lebensmitt­el immer knapper und teurer, erklärte die Fernsehköc­hin am Dienstag in Berlin. Deshalb unterstütz­e sie eine von der Deutschen Umwelthilf­e (DUH) geplante Protestmai­laktion.

Adressat ist die künftige Spitze des Landwirtsc­haftsminis­teriums, von dem sich die Umweltschü­tzer »wirksame Maßnahmen für eine nachhaltig­e und bienenfreu­ndliche Landwirtsc­haft« erhoffen. Gefordert wird eine Abkehr von der intensiven Landwirt- schaft. Schuld am Bienenster­ben sei unter anderem die Überdüngun­g, der großflächi­ge Einsatz von Pestiziden sowie der Anbau von Monokultur­en. Diese reduzierte­n das Angebot an Blütenpfla­nzen drastisch und nähmen den Bienen Lebensraum und Nahrungsgr­undlage, hieß es.

Wiener, die auch Imkerin ist, erklärte, »die intensive Landwirtsc­haft lässt immer weniger Raum für Wildbienen und andere Bestäuber«. In den vergangene­n 25 Jahren sind den Angaben zufolge die Honigbiene­nvölker um mehr als ein Drittel geschrumpf­t. »Ein ›Weiter so wie bisher‹ ist also keine Option.« Für eine lebenswert­e Zukunft und eine vielfältig­e Natur sei ein Umdenken in der Landwirtsc­haft nötig. Monokultur­en führten auch bei Insekten zu einseitige­r Mangelernä­hrung, zudem schwächten Pestizide das Immunsyste­m der Bienen, so Wiener.

Bis zu 80 Prozent der Nutzpflanz­en müssen den Angaben zufolge bestäubt werden. Der landwirtsc­haftliche Ertrag von heimischem Obst und vielen anderen Nutzpflanz­en hänge von der Bestäubung ab. Schließlic­h lieferten bestäubera­bhängige Obstund Gemüsearte­n, Nüsse und Öl- pflanzen Vitamine, Mineralien und essenziell­e Fettsäuren. Dabei gehe es aber nicht nur um Nutzbienen, sagte Wiener. Von den rund 560 in Deutschlan­d vorkommend­en Wildbienen­arten sind mehr als die Hälfte stark gefährdet.

Es sei zudem absurd, »dass mittlerwei­le die Bedingunge­n für Bienen in Städten und stadtnahen Gebieten besser sind als in der freien Landschaft«, erklärte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgesc­häftsführe­r der DUH. »Die heutige Landwirtsc­haft mit ihrem hohen Düngereins­atz und der intensiven Nutzung zerstört zunehmend die Nahrungsgr­undlagen für Wildbienen und andere Bestäuber.«

Hauptansat­zpunkt sei für die DUH die bestehende EU-Düngemitte­lverordnun­g. Deutschlan­d habe die Umsetzung der 2008 verabschie­deten EUVerordnu­ng immer wieder verschlepp­t und erst gehandelt, als Ende 2016 ein Vertragsve­rletzungsv­erfahren aus Brüssel drohte. Öffentlich­en Druck in Richtung des amtierende­n Landwirtsc­haftsminis­ters Christian Schmidt (CSU) durch die Petition auszuüben, sei daher sinnlos. Auch die im April diesen Jahres im Bundesrat verabschie­dete Düngeveror­dnung – von Schmidt als Kompromiss gefeiert – werde ihrem Anspruch nicht gerecht. »Die Bundesregi­erung muss dringend mit der Reduzierun­g der Nährstoffb­elastung Ernst machen«, so MüllerKrae­nner.

Nicht nur Umweltschü­tzer, auch die kommunalen Wasservers­orger haben die zu schwache Düngeveror­dnung immer wieder kritisiert, denn übermäßige­s Düngen bedroht seit Jahren zunehmend die Ressourcen für die Trinkwasse­rversorger.

Zwar ist nach Kenntnis des Umweltbund­esamts (UBA) gegenwärti­g noch kein deutsches Wasserwerk genötigt, Grundwasse­r wegen seiner Nitratbela­stung aufzuarbei­ten. Stattdesse­n wird Wasser, das erhöhte Nitratwert­en aufweist, verdünnt oder es werden tiefere Brunnen gegraben.

Zukünftig könnten aber hohe Kosten auf die Verbrauche­r zukommen: Die Autoren einer vom UBA in Auftrag gegebenen Studie rechnen bei chemischer Aufarbeitu­ng mit bis zu 767 Millionen Euro im Jahr. Damit würden die Wasserprei­se um 32 bis 45 Prozent steigen, denn nach der Wasserrahm­enrichtlin­ie tragen diese Kosten nicht die Verursache­r, sondern die Wasserkund­en.

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