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Alternativ­e zur Babyklappe

Fragen & Antworten zur »vertraulic­hen Geburt«

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Als Alternativ­e zur Babyklappe war vor gut drei Jahren in Deutschlan­d die »vertraulic­he Geburt« eingeführt worden. Seit dem 1. Mai 2014 wurden insgesamt 345 derartige Geburten gezählt. Insgesamt ist die Entwicklun­g positiv.

Welchen Sinn soll die »vertraulic­he Geburt« haben? Überforder­ung, finanziell­e Probleme, gewalttäti­ge Väter – es gibt verschiede­ne Gründe, warum Frauen ihr Baby weggeben und unerkannt bleiben wollen. In solchen Fällen ist die Babyklappe eine mögliche Option, aber keine unproblema­tische. Die Frauen bringen ihr Kind nämlich alleine zur Welt – ohne medizinisc­he Betreuung. Zudem wird den Kindern damit jede Möglichkei­t genommen, jemals etwas über ihre Herkunft zu erfahren. Bei der »vertraulic­hen Geburt« haben sie nach ihrem 16. Geburtstag das Recht, den Namen der leiblichen Mutter zu erfahren. Zudem wird der Geburtsvor­gang von Ärzten oder einer Hebamme begleitet.

Hat sich dieses Verfahren bewährt?

Im Großen und Ganzen schon. Einem Bericht des Bundesfami­lienminist­eriums zufolge ist nämlich parallel zu den 345 »vertraulic­hen Geburten« die Zahl jener Säuglinge gesunken, die anonym am Straßenran­d oder in einer Babyklappe abgelegt wurden. Die Skepsis, inwieweit Frauen, die sich häufig in sehr großen Notlagen befinden, das intensive Beratungsv­erfahren überhaupt annehmen und auch akzeptiere­n, dass die Kinder später ein Auskunftsr­echt haben, hätten sich nicht bestätigt. Gibt es trotzdem Verbesseru­ngsbedarf?

Neben einer verbessert­en Sexualaufk­lärung zur Vermeidung ungewollte­r Schwangers­chaften will das Bundesfami­lienminist­erium vor allem die Beratungsm­öglichkeit­en noch bekannter machen als bisher. Dabei war parallel zur »vertraulic­hen Geburt« ein neues Hilfetelef­on eingericht­et worden, bei dem in den vergangene­n drei Jahren mehr als 16 000 Beratungsg­espräche geführt wurden. In drei von vier Fällen konnten die Betroffene­n an Beratungss­tellen vor Ort verwiesen werden.

Zu welchen Ergebnisse­n führt diese Schwangere­nberatung?

Die Wissenscha­ftler haben 1277 Beratungsf­älle ausgewerte­t. Nur 19,5 Prozent der Frauen entschiede­n sich am Ende für die »vertraulic­he Geburt«. In mehr als 40 Prozent der Fälle mündete die Beratung hingegen in einer reguläre Geburt: Bei 15,3 Prozent wurde das Kind anschließe­nd zur Adoption freigegebe­n, 25,9 Prozent der Frauen entschiede­n sich sogar für ein gemeinsame­s Leben mit dem Kind.

Wie läuft eine »anonyme Geburt« konkret ab?

Das zuständige Jugendamt nimmt das Baby in Obhut und macht sich auf die Suche nach Adoptivelt­ern. Der Name der leiblichen Mutter wird unterdesse­n in einem versiegelt­en Umschlag verwahrt, den niemand öffnen darf – außer vom Kind, wenn es das 16. Lebensjahr vollendet hat. In Ausnahmefä­llen kann die Mutter sogar vor Gericht durchsetze­n, dass sie dauerhaft anonym bleibt. Dafür müssten allerdings ihr Leben, ihre Gesundheit oder ihre persönlich­e Freiheit bedroht sein. dpa/nd

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Foto: dpa/Maurizio Gambarini Im Mai 2014 wurde die »vertraulic­he Geburt« eingeführt. Seither nutzten 345 Frauen diese Geburtsfor­m.

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