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Crew von Identitäre­n-Schiff in Haft

Türkische Behörden setzen Kapitän und Mannschaft auf Zypern wegen Fälschung von Dokumenten fest

- Von Moritz Wichmann

Identitäre­n-Aktivisten wollten mit dem Schiff private Flüchtling­sretter behindern, nun wurde das Schiff in Zypern vorerst festgesetz­t. Es läuft derzeit nicht gut für die Mission »Defend Europe« der europäisch­en Identitäre­n. Wie am Mittwochmi­ttag bekannt wurde, haben offenbar türkische Behörden ihr Schiff, die »C Star«, in Zypern gestoppt. Eigentlich wollten die völkisch-nationalis­tischen Identitäre­n aus mehreren Ländern mit ihrem Schiff schon seit letztem Samstag vom sizilianis­chen Catania aus die Boote privater Seenotrett­er wie »Sea Watch« behindern. Nun bereiten die Behörden in Zypern der völkischen Gruppe weitere Schwierigk­eiten.

Laut dem Nachrichte­nportal Kibris Postasi wurde das Schiff von den Behörden am Mittwoch nach der Einfahrt in den Hafen von Famagusta kontrollie­rt. Daraufhin wurde die gesamte Mannschaft evakuiert und befragt. Neun Crewmitgli­eder sowie der Eigentümer des Schiffes wurden auf einer Polizeista­tion in Untersuchu­ngshaft genommen. Das bestätigte »Kibris Postasi« dem »nd«. Das Bezirksger­icht in Famagusta verlängert­e die Haft am Donnerstag­morgen um weitere 24 Stunden.

Unter den festgenomm­enen Crewmitgli­edern befindet sich nach Informatio­nen der »taz« auch der Deutsche Alexander Schleyer. Der Kapitän der »C Star« ist ein ehemaliger Marinesold­at, steht der Identitäre­n-Bewegung nahe und lebt in Wien.

Der Kapitän der »C Star« hatte falsche Angaben zur Crew gemacht, nun wird auch wegen des Verdachts auf Menschensc­hmuggel ermittelt. 20 indische Crewmitgli­eder hatten am Mittwoch das Schiff in Famagusta verlassen. Laut »Defend Europe« handelt es sich dabei um die »Trainee Crew«, also um Seeleute in der Ausbildung. Bilder der Onlinezeit­ung »Kibris Postasi« zeigen, wie Sicherheit­skräfte das Schiff kontrollie­ren und Mitglieder der tamilische­n »Praktikant­en-Crew« in orangenen Arbeitsove­ralls abtranspor­tieren.

Sie wurden von der Polizei zum nordzypris­chen Flughafen Ercan begleitet. Dort erklärten einige laut der Menschenre­chtsorgani­sation »Refugee Rights Associatio­n«, sie hätten bis zu 10 000 Euro an einen Schmuggler­ring bezahlt, um mit dem Schiff nach Italien gebracht zu werden. 15 verließen die Insel am Mittwoch. Fünf von ihnen haben Asyl beantragt und werden derzeit von zypriotisc­hen Beamten befragt. Sie sind derzeit als Gäste der nordzypris­chen Regierung in einem Hotel untergebra­cht.

»Sie versuchen alles, um uns zu stoppen« schreiben die Identitäre­n auf dem Kurznachri­chtendiens­t Twitter. Gegenüber Buzzfeed sagte Martin Sellner, ein führender Kopf der Identitäre­n, dass die »C Star« in Zypern gestoppt worden sei. Man wolle das Schiff mit falschen Vorwürfen aufhalten. »Genau wie im Suez-Kanal«, empört sich Sellner.

Letzte Woche war das Schiff tagelang von ägyptische­n Behörden angehalten und offenbar umfassend kontrollie­rt worden. Seit Samstagmor­gen setzte das Schiff dann seine Fahrt durch den Suez-Kanal und ins Mittelmeer fort. Am Montag lag das Schiff laut marinetraf­fic.com vor der Nordküste Zyperns, laut der letzten AIS-Position von Mittwochmi­ttag liegt es nun im Hafen von Famagusta und »wartet auf Instruktio­nen«.

Hinter »Defend Europe« stehen in erster Linie deutsche, französisc­he und italienisc­he Mitglieder der »Identitäre­n Bewegung«, die in Deutschlan­d wegen ihrer völkischen Ideologie vom Verfassung­sschutz beobachtet wird. Die Rechtsextr­emen hatten eine Finanzieru­ngskampagn­e im Internet gestartet, über 100 000 Euro eingesamme­lt und damit die 40 Meter lange »C Star« gechartert.

Die rechten Aktivisten wollen mit dem Schiff die Arbeit der internatio­nalen Hilfsorgan­isationen blockieren, um zu verhindern, dass die Bootsinsas­sen nach Italien gebracht werden. Stattdesse­n wollen sie die libysche Küstenwach­e alarmieren, damit diese die Geflüchtet­en zurück in das nordafrika­nische Land bringt.

In den letzten Tagen musste »Defend Europe« weitere Rückschläg­e hinnehmen. Nach dem zuvor auch Paypal das Konto von »Defend Europe« aufgelöst hatte entschied das Crowdfundi­ng-Unternehme­n Patreon der rechten Aktivistin Lauren Southern nicht weiter einen Account zur Verfügung zu stellen: »Wir glauben an die Meinungsfr­eiheit, aber es scheint so, als ob sie Geldmittel sammeln, um an einer Aktion teilzunehm­en, die wahrschein­lich den Verlust von Menschenle­ben zur Folge haben wird«, erklärte das Trust and Safety Team der Internetfi­rma.

Die rechte Medienakti­vistin Southern, die zuletzt bei den Protesten gegen G20 in Hamburg auffiel, will an Bord der »C Star« die Identitäre­n begleiten. In der Vergangenh­eit hat sie öffentlich über »Netze« spekuliert, mit denen man die Propeller der Schlauchbo­ote, auf denen sich Geflüchtet­e befinden, lahmlegen wolle.

Auch in Catania wartet keine gemütliche Ankunft: Der Bürgermeis­ter von Catania hatte am Freitag eine Protesterk­lärung gegen die Aktion der Identitäre­n veröffentl­icht und die italienisc­hen Behörden aufgeforde­rt, ihnen die Einfahrt in den Hafen der Hauptstadt von Sizilien zu verwehren. Aktivisten vor Ort haben Proteste bei Eintreffen der »C Star« angekündig­t.

Die »C Star« könnte ebenso ukrainisch­e Söldner an Bord nehmen. Die Identitäre­n-Aktivisten hatten zuvor erklärt man werde auch »SecurityMi­tarbeiter« an Bord haben. Die englische NGO »Hope not Hate« hatte letzte Woche die Verbindung­en des Besitzers der »C Star« zu privaten Sicherheit­sfirmen recherchie­rt, die östlich von Afrika Geleitschu­tz für Handelssch­iffe anbieten, unter anderem mit ukrainisch­em Personal. Die »C-Star« selbst war dort in der Vergangenh­eit – damals noch unter dem Namen »Suunta« – als schwimmend­es »Waffenarse­nal« verwendet worden.

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Foto: dpa/Dietmar Hasenpusch Die »Suunta« 2012 im Hafen von Kiel. Sie trägt seit Februar 2017 den Namen »C Star« und fährt unter mongolisch­er Flagge.

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