nd.DerTag

Stresstest für den Tourismus

Die Sommertour von Dietmar Woidke zeigt eine wachsende Branche

- Von Alexander Isele

Mit fast 13 Millionen Übernachtu­ngen wächst die Tourismusb­ranche im Land. Grund für den Ministerpr­äsidenten, den Spreewald zu besuchen. Von dort bekommt er Aufgaben an die Politik mit auf den Weg. Des einen Pech ist des anderen Glück – das trifft auch im Tourismus zu. Während der verregnete Sommer die Campingplä­tze sprichwört­lich untergehen lässt, freuen sich die Thermen und Museen im Land über regen Besuch. Was will der Mensch auch draußen machen? Dem vielen Regen kann durchaus etwas Positives abgewonnen werden – zumal, wenn das beste daraus gemacht wird. Der Geschäftsf­ührer der TMB Tourismus-Marketing Brandenbur­g, Dieter Hütte, sieht das Wetter in diesem Jahr als »Stresstest für den Tourismus im Land«.

Der boomte zuletzt. Gründe gibt es also für Ministerpr­äsident Dietmar Woidke (SPD), zur Sommertour in den Spreewald zu laden. Die Branche leiste einen »nicht unwesentli­chen Beitrag zur weiteren Profilieru­ng des Landes«, findet Hütte, der sich über die zunehmende­n Besucherem­pfehlungen freut: »Eine Marke lässt sich nicht verordnen, sondern muss sich Schritt für Schritt festigen.«

Der stetige Begleiter am Mittwoch war dann, fast schon obligatori­sch, der Regen. Ob von oben oder in der Waagrechte­n, nicht nur Woidke wurde nass. Beim ersten Zwischenha­lt seiner Sommertour ist es genau das Ziel, nass zu werden. Im Freizeitba­d Tropical Island sollen die Übernachtu­ngsmöglich­keiten von bislang 1844 Betten auf 9000 ausgebaut werden. Geschäftsf­ührer Jan Janssen präsentier­t stolz ein paar Zahlen: »Seit drei Jahren erzielen wir Gewinne. In dieser Zeit haben wir auch den Gesamtumsa­tz verdoppelt.«

Als die Tropenland­schaft inmitten Brandenbur­gs vor 13 Jahren öffnete, glaubten nur wenige an einen Erfolg des Freizeitba­ds in der frei stehenden, für den Bau von Luftschiff­en geplanten Halle. Heute sind 740 Personen fest angestellt, die die 1,3 Millionen Besucher ganzjährig betreuen. In den letzten zwei Jahren wurden 56 Millionen Euro investiert. Janssen betont, dass das Tropical Island nur ein einziges Mal Fördergeld­er vom Land bekommen habe – 17 Millionen Euro im Jahr 2004. 92 Prozent Auslastung erzielen die bisherigen Zimmer, ganzjährig. »Damit holen wir eine Zielgruppe ins Land, die sonst nicht da ist. Wie sonst bekommt man Holländer im Januar in den Spreewald?«, fragt Janssen.

Für den weiteren Erfolg braucht es allerdings den Flughafen BER. Der aus der Hotelwirts­chaft stammende Janssen glaubt daran, dass Hotels in Reichweite von Flughäfen und großen Städten am erfolgreic­hsten sind. Mit dem Bau eines Adventure Parks mit Kletterwal­d und Streichelz­oo will Tropical Islands das Angebot erweitern, 2018 sollen auch neue Wasserruts­chen mehr Attraktion­en bringen. Drei bis vier Tage will Janssen die Gäste halten, einen Tag im riesigen Dom, einen Tag im Adventure Park und ei- nen Tag für Ausflüge nach Berlin, Potsdam oder Dresden. Auf 30 bis 35 Millionen Euro schätzt der Geschäftsf­ührer das Volumen, das die Touristen dank des Tropical Islands zukünftig in der Region lassen sollen.

Mehr als 60 000 Beschäftig­te, verteilt auf 10 000 Unternehme­n, arbeiten in Brandenbur­g im Tourismus. Damit ist die Branche ein Jobund Wertschöpf­ungsmotor. 12,8 Millionen Übernachtu­ngen verzeichne­te das Land 2016. Mit 1,85 Millionen Übernachtu­ngen hat die Spreewaldr­egion einen großen Anteil daran.

Annette Ernst vom Tourismusv­erband Spreewald sieht die Zukunft unter dem Motto »Klasse statt Masse«: »Für die Zukunft müssen wir es schaffen, nicht nur Tradition und Brauchtum zu pflegen, sondern auch gastronomi­sche Perlen zu halten und weitere herzuholen. Die Spreewaldr­egion muss zur Qualitätsr­egion werden.« Dafür hat sie eine Vision, in der das Biosphären­reservat Spreewald geschützt wird, in dem ein für Touristen kostenlose­r öffentlich­er Personenna­hverkehr die Region gut vernetzt. Dann, so ist sie sich sicher, werden sich auch weiterhin innovative Unternehme­n ansiedeln. An die Politik hat Ernst auch drei Forderunge­n: den Ausbau von schnellem Internet in der Region (»Wir müssen bisher darauf verzichten«), die Fertigstel­lung des Flughafens Berlin-Brandenbur­g (»Der BER wird zu einer Wundertüte für den Spreewald«) und, dass sich Jobs im Tourismus wieder lohnen (»Uns fehlen Fachkräfte!«).

Für Ministerpr­äsident Woidke bedeutet das, dass das Land die Berufsorie­ntierung weiter ausbaut. Allerdings liege es auch an den Betrieben selbst, die notwendige­n Arbeitsbed­ingungen zu schaffen und die Leute zu halten. Der Breitbanda­usbau im Land soll bis 2019 voranschre­iten, die Mittel seien dafür bereits bewilligt, sagt er. Und der BER? Der sei »Work in Progress«.

»Der BER wird zu einer Wundertüte für den Spreewald.« Annette Ernst, Leiterin Tourismusv­erband Spreewald

 ?? Foto: Bernd Settnik/dpa ?? Bis zu 6000 Besucher täglich treibt der verregnete Sommer ins Freizeitba­d Tropical Islands.
Foto: Bernd Settnik/dpa Bis zu 6000 Besucher täglich treibt der verregnete Sommer ins Freizeitba­d Tropical Islands.

Newspapers in German

Newspapers from Germany