Stresstest für den Tourismus
Die Sommertour von Dietmar Woidke zeigt eine wachsende Branche
Mit fast 13 Millionen Übernachtungen wächst die Tourismusbranche im Land. Grund für den Ministerpräsidenten, den Spreewald zu besuchen. Von dort bekommt er Aufgaben an die Politik mit auf den Weg. Des einen Pech ist des anderen Glück – das trifft auch im Tourismus zu. Während der verregnete Sommer die Campingplätze sprichwörtlich untergehen lässt, freuen sich die Thermen und Museen im Land über regen Besuch. Was will der Mensch auch draußen machen? Dem vielen Regen kann durchaus etwas Positives abgewonnen werden – zumal, wenn das beste daraus gemacht wird. Der Geschäftsführer der TMB Tourismus-Marketing Brandenburg, Dieter Hütte, sieht das Wetter in diesem Jahr als »Stresstest für den Tourismus im Land«.
Der boomte zuletzt. Gründe gibt es also für Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD), zur Sommertour in den Spreewald zu laden. Die Branche leiste einen »nicht unwesentlichen Beitrag zur weiteren Profilierung des Landes«, findet Hütte, der sich über die zunehmenden Besucherempfehlungen freut: »Eine Marke lässt sich nicht verordnen, sondern muss sich Schritt für Schritt festigen.«
Der stetige Begleiter am Mittwoch war dann, fast schon obligatorisch, der Regen. Ob von oben oder in der Waagrechten, nicht nur Woidke wurde nass. Beim ersten Zwischenhalt seiner Sommertour ist es genau das Ziel, nass zu werden. Im Freizeitbad Tropical Island sollen die Übernachtungsmöglichkeiten von bislang 1844 Betten auf 9000 ausgebaut werden. Geschäftsführer Jan Janssen präsentiert stolz ein paar Zahlen: »Seit drei Jahren erzielen wir Gewinne. In dieser Zeit haben wir auch den Gesamtumsatz verdoppelt.«
Als die Tropenlandschaft inmitten Brandenburgs vor 13 Jahren öffnete, glaubten nur wenige an einen Erfolg des Freizeitbads in der frei stehenden, für den Bau von Luftschiffen geplanten Halle. Heute sind 740 Personen fest angestellt, die die 1,3 Millionen Besucher ganzjährig betreuen. In den letzten zwei Jahren wurden 56 Millionen Euro investiert. Janssen betont, dass das Tropical Island nur ein einziges Mal Fördergelder vom Land bekommen habe – 17 Millionen Euro im Jahr 2004. 92 Prozent Auslastung erzielen die bisherigen Zimmer, ganzjährig. »Damit holen wir eine Zielgruppe ins Land, die sonst nicht da ist. Wie sonst bekommt man Holländer im Januar in den Spreewald?«, fragt Janssen.
Für den weiteren Erfolg braucht es allerdings den Flughafen BER. Der aus der Hotelwirtschaft stammende Janssen glaubt daran, dass Hotels in Reichweite von Flughäfen und großen Städten am erfolgreichsten sind. Mit dem Bau eines Adventure Parks mit Kletterwald und Streichelzoo will Tropical Islands das Angebot erweitern, 2018 sollen auch neue Wasserrutschen mehr Attraktionen bringen. Drei bis vier Tage will Janssen die Gäste halten, einen Tag im riesigen Dom, einen Tag im Adventure Park und ei- nen Tag für Ausflüge nach Berlin, Potsdam oder Dresden. Auf 30 bis 35 Millionen Euro schätzt der Geschäftsführer das Volumen, das die Touristen dank des Tropical Islands zukünftig in der Region lassen sollen.
Mehr als 60 000 Beschäftigte, verteilt auf 10 000 Unternehmen, arbeiten in Brandenburg im Tourismus. Damit ist die Branche ein Jobund Wertschöpfungsmotor. 12,8 Millionen Übernachtungen verzeichnete das Land 2016. Mit 1,85 Millionen Übernachtungen hat die Spreewaldregion einen großen Anteil daran.
Annette Ernst vom Tourismusverband Spreewald sieht die Zukunft unter dem Motto »Klasse statt Masse«: »Für die Zukunft müssen wir es schaffen, nicht nur Tradition und Brauchtum zu pflegen, sondern auch gastronomische Perlen zu halten und weitere herzuholen. Die Spreewaldregion muss zur Qualitätsregion werden.« Dafür hat sie eine Vision, in der das Biosphärenreservat Spreewald geschützt wird, in dem ein für Touristen kostenloser öffentlicher Personennahverkehr die Region gut vernetzt. Dann, so ist sie sich sicher, werden sich auch weiterhin innovative Unternehmen ansiedeln. An die Politik hat Ernst auch drei Forderungen: den Ausbau von schnellem Internet in der Region (»Wir müssen bisher darauf verzichten«), die Fertigstellung des Flughafens Berlin-Brandenburg (»Der BER wird zu einer Wundertüte für den Spreewald«) und, dass sich Jobs im Tourismus wieder lohnen (»Uns fehlen Fachkräfte!«).
Für Ministerpräsident Woidke bedeutet das, dass das Land die Berufsorientierung weiter ausbaut. Allerdings liege es auch an den Betrieben selbst, die notwendigen Arbeitsbedingungen zu schaffen und die Leute zu halten. Der Breitbandausbau im Land soll bis 2019 voranschreiten, die Mittel seien dafür bereits bewilligt, sagt er. Und der BER? Der sei »Work in Progress«.
»Der BER wird zu einer Wundertüte für den Spreewald.« Annette Ernst, Leiterin Tourismusverband Spreewald