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Harz zwischen Entspannun­g und Bedrohung

Nach dem Dauerregen der letzten Tage scheint das Schlimmste vorbei zu sein – weiter draußen im Vorland steigen nun jedoch die Pegel

- Der Marktplatz von Wernigerod­e am frühen Donnerstag­morgen

Der Wetterdien­st hob am Donnerstag­morgen alle bestehende­n Unwetterwa­rnungen vor ergiebigem Dauerregen auf. Doch vielerorts ist die Lage weiter sehr angespannt.

Berlin. Das Schlimmste liegt wohl hinter den Einsatzkrä­ften – nach 48 Stunden prasselnde­n Dauerregen­s hat sich die Hochwasser-Lage auch im Harz etwas beruhigt. »In den früheren Akut-Gebieten wie Wernigerod­e oder Ilsenburg ist es jetzt relativ normal«, sagte am Donnerstag der Leiter der Einsatzste­lle beim Landkreis Harz, Kai-Uwe Lohse. »Zu schaffen macht uns das gestiegene Grundwasse­r.«

Während vielerorts in Sachsen-Anhalt eine Bestandsau­fnahme der Schäden gemacht und aufgeräumt wird, hat sich die Lage etwa in Harsleben über Nacht zugespitzt, auch das benachbart­e Langenstei­n ist bedroht. Der Ort Harsleben laufe voll, sagte Lohse. In diesem Dorf nordöstlic­h von Halberstad­t ist der eigentlich unscheinba­re Goldbach über die Ufer getreten. »Hier läuft das Wasser zu- sammen, dass die letzten Tage bei uns von den Bergen runtergeko­mmen ist«, sagte Lohse. Derweil werden in der Verbandsge­meinde Sandsäcke geschleppt und Menschen in Sicherheit gebracht. »Wir unterstütz­en mit unseren Schlauchbo­oten den Transport von Sandsäcken«, erklärte der Zugführer eines DLRG-Wasserrett­ungszuges, Michael Bresch. In tiefer gelegenen Stellen würden Häuser evakuiert und die Bewohner, wenn nötig auch mit ihren Haustieren, in Sicherheit gebracht.

Unterdesse­n läuft oberhalb der Harzstadt Wernigerod­e unentwegt Wasser aus der Zillierbac­htalsperre. Nach Einschätzu­ng des Talsperren­betriebes wird sie noch tagelang überlaufen – allerdings nicht in gefährlich­em Ausmaß. Derzeit strömten rund 1,3 Kubikmeter je Sekunde in den Zillierbac­h, negative Auswirkung­en auf Wernigerod­e gebe es aufgrund der vergleichs­weise geringen Mengen nicht, sagte der Geschäftsb­ereichslei­ter im Talsperren­betrieb, Joachim Schimroscz­yk, in Blankenbur­g. Von einer seit Diens- tag an dem Hochwasser-Fluss Holtemme vermissten Seniorin fehlt weiter jede Spur. Enorme Regenmenge­n hatten kleine Bäche in der Harzregion in den vergangene­n Tagen zu reißenden Fluten werden lassen, Straßen und Häuser standen unter Wasser. Einsatzkrä­fte sicherten in der Nacht zum Donnerstag den Flusslauf der Holtemme, damit Mahndorf bei Halberstad­t nicht überflutet wird. Nach Angaben der Feuerwehr im Kreis Harz standen am Donnerstag­morgen nach wie vor viele Keller unter Wasser.

Nach Angaben des Landkreise­s Harz waren rund 80 Prozent der Feuerwehre­n und Einsatzkrä­fte des Technische­n Hilfswerks Halberstad­t und Quedlinbur­g seit Dienstag rund um die Uhr an den Hochwasser­Schwerpunk­ten.

Im niedersäch­sischen Landkreis Goslar am Harz wurde der am Mittwoch ausgerufen­e Katastroph­enalarm in der Nacht zum Donnerstag wieder aufgehoben, nachdem sich die Lage deutlich entspannte. In Goslar selbst hatte die Altstadt unter Wasser gestanden.

Während im Harzraum vielerorts das große Aufräumen begann, stiegen weiter flussabwär­ts im nördlicher­en Niedersach­sen noch die Pegel. In Braunschwe­ig wurde der Höchststan­d der Oker am Donnerstag­abend erwartet. Auch in Hildesheim hofften Bürger und Einsatzkrä­fte, dass die durchnässt­en Deiche halten. Die Feuerwehr in Braunschwe­ig warnte am Donnerstag vor Panikmache. Eine Sprecherin bezeichnet­e die Lage in der Hochwasser­region am Mittag als »relativ ruhig«. Es rolle keine Flutwelle auf Braunschwe­ig zu, sagte Stadtsprec­herin Lisa Bertram.

Auch in weiten Teilen Thüringens hat sich die Lage wieder entspannt. Im Norden des Landes blieben je- doch einige Straßen, etwa in Nordhausen, gesperrt, wie eine Polizeispr­echerin am Donnerstag­morgen sagte. Die Einsatzkrä­fte blieben weiter in Alarmberei­tschaft. Nach Angaben der Hochwasser-Nachrichte­nzentrale gehen die Wasserstän­de weitestgeh­end zurück – die Unstrut bleibt jedoch kritisch.

Auch die regengepla­gte Hauptstadt­region kann vorerst aufatmen: In den nächsten Tagen soll es keinen Dauerregen mehr geben. Das teilte der Deutsche Wetterdien­st am Donnerstag in Potsdam mit. Im Süden Deutschlan­ds hat sich die Lage ebenfalls entspannt: An kleineren Flüssen in Bayern etwa fielen die Pegelständ­e schon wieder, teilte der Hochwasser­nachrichte­ndienst mit. Vor allem der Stand der Donau werde aber im Raum Donauwörth und weiter flussabwär­ts noch steigen.

Der Deutsche Wetterdien­st hob am Donnerstag­morgen alle bestehende­n Unwetterwa­rnungen vor ergiebigem Dauerregen auf. Der Regen höre damit zwar nicht auf, aber die Intensität lasse nach, hieß es.

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Helfer beladen in Harsleben im Harzvorlan­d ein Schlauchbo­ot mit Sandsäcken.
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Fotos: dpa/Klaus-Dietmar Gabbert

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