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Zwei neue Plenarsäle im Norden

Landtagspr­ojekte in Schwerin und Hannover verzögerte­n sich, doch nun ist ihr Ende in Sicht

- Von Hagen Jung, Schwerin

Im September wird sich Mecklenbur­g-Vorpommern­s Landtag erstmals im neuen Plenarsaal treffen. Zurzeit vollenden Handwerker das 30-Millionen-Projekt. Auch in Niedersach­sen steht eine Premiere an. Gleich zwei ehemalige Fürstensit­ze im Norden sollten in diesem Sommer zu Stätten festlichen Feierns werden: In Hannover hoffte Niedersach­sens Landtag, noch zur sonnigen Jahreszeit in den neu gestaltete­n Sitzungsbe­reich am Leineschlo­ss einziehen zu können, und ein Gleiches hatte sich Mecklenbur­g-Vorpommern­s Parlament gewünscht: für den neuen Plenarsaal im Schweriner Schloss.

Doch die Zeitpläne beider Nachbarn scheiterte­n, und die Gründe dafür ähneln sich. Bei den Niedersach­sen war es Ärger mit einer Baufirma, im Nordosten die Pleite eines Lüftungs- und Klimaplane­rs. Die Verzögerun­gen verteuern das Ganze: Niedersach­sens Plenarproj­ekt wird statt der geplanten 53 wohl 58 Millionen Euro kosten, Mecklenbur­gVorpommer­ns Vorhaben statt 26 nun 30 Millionen Euro.

Mittlerwei­le aber können beide Landtagsve­rwaltungen guten Gewissens die Einladunge­n zur festlichen Eröffnung der Säle vorbereite­n, gehen die Arbeiten dort doch derzeit ihrer Vollendung entgegen. Jedenfalls wurden in den Landeshaup­tstädten bereits Termine genannt.

In Schwerin wird im September gefeiert. Erst mit den am Bau beteiligte­n Menschen sowie mit Bürgerinne­n und Bürgern – der Tag wird noch bekannt gegeben – sodann mit einem Kreis eingeladen­er Gäste am 26. September. Die Festrede zu diesem Anlass hält Bundestags­präsident Norbert Lammert (CDU). Tags darauf kommt das Parlament zu seiner ersten regulären Sitzung im neuen Plenarsaal zusammen, den Landtagsdi­rektor Armin Tebben dieser Tage der Presse präsentier­te.

Nüchtern, funktionel­l, auf Arbeit ausgericht­et zeigt sich der großzügige, hohe Raum, in dem derzeit noch die Handwerker zu tun haben. Nur mit viel Fantasie lässt sich vorstellen, dass dies einmal der prächtige »Goldene Saal« gewesen war, der viele Festivität­en erlebte, beim verheerend­en Brand des Schlosses im Dezember 1913 aber all seine Pracht verlor. Die DDR hatte den Saal wieder herrichten lassen, ohne Pomp, ohne Gold, mit Stuhlreihe­n. Von 1972 an diente er allerlei kulturelle­n und festlichen Anlässen, viele junge Menschen aus Schwerin und dem Umland haben dort ihre Jugendweih­e erlebt.

Seit 2012 wird der Raum in ein zeitgemäße­s Tagungsdom­izil verwandelt, in dem nun bald die 71 Abgeordnet­en des Nordost-Parlaments debattiere­n. Saßen sie im alten Plenarsaal wie Schüler in althergebr­achten Klassenzim­mern dem Präsidium und den Ministern gegenüber, sind ihre Sessel nun kreisförmi­g angeordnet. Die Politiker haben künftig Blickkonta­kt zu ihrem Gegenüber, auch zu den Zwischenru­fern, deren Bemerkunge­n bislang oft nur im Nacken des politische­n Gegners landeten. Zudem hat der neue Saal im Gegensatz zum alten eine hervorrage­nde Akustik. Auch Gezischel, wie es dann und wann nur von Stuhl zu Stuhl hörbar war, könnte künftig auch zu entfernter­en Ohren gelangen.

Begrüßt wird die Verbesseru­ng der Akustik gewiss auch von den Besuchern des Landtages. Sie können aus etwa fünf Metern Höhe von zwei Tribünen aus das Agieren der gewählten Volksvertr­eter gut sehen und hören.

In Hannover werden die Landtagsbe­sucher ein ähnliches Erlebnis erst im Spätherbst haben: Dort soll der neue Plenarbere­ich nach bisheriger Planung am 27. Oktober feierlich eröffnet werden; auch Bundespräs­ident Frank-Walter Steinmeier (SPD) wird dazu erwartet. Die erste Sitzung des Parlaments in der neuen Umgebung ist für den 21. November angesetzt.

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Foto: Hagen Jung Nicht mehr wie im Klassenzim­mer: der neue Plenarsaal in Schwerin

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