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Dieselgipf­el entzweit Koalition

Vorwürfe gegen Minister Dobrindt / Grüne fordern abgasfreie­n Autoverkeh­r

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Kurz vor dem Treffen von Bund, Ländern und Autobranch­e am Mittwoch in Berlin hat man sich in der Großen Koalition über grundlegen­de Fragen noch nicht geeinigt.

Berlin. Die Bundesregi­erung will mit einer abgestimmt­en Position in den »Dieselgipf­el« am Mittwoch gehen. Das betonte ein Sprecher des Bundesverk­ehrsminist­eriums am Montag. In der Koalition gibt es unterschie­dliche Meinungen, wie mit dem Skandal um geschönte Abgaswerte und Absprachen der Autobauer umzugehen ist. Bundesumwe­ltminister­in Barbara Hendricks (SPD) ist der Meinung, dass Softwareup­dates für betroffene Fahrzeuge nicht ausreichen.

Wirtschaft­sministeri­n Brigitte Zypries (SPD) forderte von Verkehrsmi­nister Alexander Dobrindt (CSU) Aufklärung über die Vorwürfe, das ihm unterstell­te Kraftfahrt-Bundesamt (KBA) habe auf Betreiben der Autoindust­rie Un- t er suchungsbe richte geschönt. »Bild« hatte zuvor berichtet, das Bundesamt habe auf Interventi­on von Porsche einen Untersuchu­ngsbericht abgemilder­t. Das Ministeriu­m widersprac­h. Der Druck auf Dobrindt steigt aber.

So forderte SPD-Kanzlerkan­didat Martin Schulz die Aufteilung und Neuorganis­ation des KBA. Die Kontrolle der Autoindust­rie müsse neu strukturie­rt werden. Schulz nahm auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) in die Verantwort­ung. Sie habe dem Treiben von Dobrindt seit Monaten tatenlos zugesehen, sagte er. Ex-Umweltmini­ster Jürgen Trittin (Grüne) forderte Dobrindt zum Rücktritt auf.

Auch Hendricks hatte gefordert, das KBA aus der Verantwort­ung für die Einhaltung von Abgasnorme­n zu nehmen. Sie hatte stattdesse­n ihr Umwelt ministeriu­m oder das Verbrauchs chutz ministeriu­m ins Gespräch gebracht.

Am Mittwoch treffen sich Bund, Länder und die Autobranch­e in Berlin, um über Nachbesser­ungen bei der Abgasreini­gung von Dieseln zu sprechen. Die Industrie hat nur Updates angeboten. Dadurch werde der Stickoxida­usstoß laut Verkehrsmi­nisterium um 40 bis 50 Prozent reduziert. Die Deutsche Umwelthilf­e geht dagegen von weniger als fünf Prozent Verbesseru­ngspotenzi­al in der Atemluft der Städte aus.

Auch mit Blick auf den Verbrauche­rschutz ist die Koalition uneins: Justizmini­ster Heiko Maas (SPD) warf der Union einen Zickzackku­rs beim Verbrauche­rschutz vor. Eine Musterfest­stellungsk­la- ge, an der sich Verbrauche­r gemeinsam beteiligen, könnte Autokäufer­n offenstehe­n, wenn CDU/CSU sie nicht blockiert hätten. Am Sonntag hatte sich Bayerns Ministerpr­äsident Horst Seehofer (CSU) demgegenüb­er nicht mehr abgeneigt gezeigt.

Unterdesse­n meldeten sich die IG Metall und die Betriebsra­tsvorsitze­nden der Autokonzer­ne, die seit Bekanntwer­den der Kartellvor­würfe auffallend ruhig gewesen waren: Gemeinsam forderten sie vom Dieselgipf­el konkrete Beschlüsse, um die Stickoxidb­elastung »deutlich und kurzfristi­g« zu senken. Fahrverbot­e dürften aber nicht dazu zählen.

Die Grünen schlugen vor, den Weg zum abgasfreie­n Autoverkeh­r nach dem Vorbild des Atomaussti­egs zu regeln. Ex-Umweltmini­ster Klaus Töpfer (CDU) sei bereit, die »Zukunftsko­mmission umweltfreu­ndliche Mobilität« zu leiten, sagte Spitzenkan­didat Cem Özdemir.

Justizmini­ster Heiko Maas warf der Union einen Zickzackku­rs beim Verbrauche­rschutz vor.

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