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An der Seite Maduros

Für viele Politiker der Linksparte­i ist der venezolani­sche Präsident noch immer ein Hoffnungst­räger

- Von Aert van Riel

Aus Sicht der deutschen LINKEN sind hauptsächl­ich ausländisc­he Mächte und die gewalttäti­ge Opposition für die derzeitige­n Auseinande­rsetzungen in Venezuela verantwort­lich.

Die Solidaritä­t mit linken Bewegungen in Lateinamer­ika hat hierzuland­e Tradition. Durch Revolution­en oder Wahlen herbeigefü­hrte Regierungs­wechsel, beispielsw­eise in Nicaragua, Kuba und Chile, weckten in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunder­ts große Erwartunge­n. Obwohl diese bislang nur teilweise erfüllt wurden – sei es, weil die Rechte putschte, die linken Regierunge­n sich als autoritär erwiesen oder sie mit der Armutsbekä­mpfung nur langsam vorankamen –, blicken heute viele deutsche Linke noch immer hoffnungsv­oll auf Länder in Süd- und Mittelamer­ika.

Das gilt auch für Venezuela, wo der 2013 verstorben­e einstige Staatschef Hugo Chávez vor einigen Jahren den »Sozialismu­s des 21. Jahrhunder­ts« ausrief, Unternehme­n verstaatli­chte und große Sozialprog­ramme finanziert­e. Seinem Nachfolger Nicolás Maduro hat die deutsche Linksparte­i erst kürzlich ihre Unterstütz­ung versichert. Beim Bundespart­eitag Mitte Juni in Hannover nahmen die Delegierte­n einen Antrag an, welche die Arbeitsgem­einschaft Cuba Sí gemeinsam mit dem Marxistisc­hen Forum, der AG Frieden und Internatio­nale Politik sowie der LINKEN in Berlin TempelhofS­chöneberg eingebrach­t hatte. Der Text legt nahe, dass die Schuld an den derzeitige­n gewalttäti­gen Auseinande­rsetzungen in Venezuela unter anderem bei den USA, der Europäisch­en Union und der Organisati­on Amerikanis­cher Staaten (OAS) zu suchen sei. Diese wollten das Land »destabilis­ieren«. Die »gewalttäti­ge Opposition in Venezuela« erhalte »ausländisc­he Unterstütz­ung«.

Die Ursachen für die angespannt­e ökonomisch­e und soziale Situation sieht die Linksparte­i nicht vorrangig in Fehlern der Regierung Maduro. Das Problem sei vielmehr die venezola- nische Bourgeoise. Der Unternehme­rverband rufe seine Mitglieder zu einem Stopp der Lebensmitt­elprodukti­on auf. »Bewaffnete, unter ihnen viele bezahlte Paramilitä­rs aus Kolumbien, zünden Transporte an, um die Versorgung der Bevölkerun­g mit Lebensmitt­eln und auch mit Medikament­en zu unterbinde­n«, heißt es in dem Beschluss.

Andere Antworten, warum das venezolani­sche Wirtschaft­smodell zu scheitern droht, finden sich nicht in dem Text. Das Modell basiert vor allem auf dem Export von Erdöl. Das Land ist dadurch in das kapitalist­ische Weltsystem eingebunde­n und leidet unter dem Preisverfa­ll des Öls. In dem Beschluss der LINKEN heißt es nur, dass »Maßnahmen zur Überwindun­g der Wirtschaft­skrise unternomme­n werden müssen«. Konkrete Vorschläge fehlen.

Die Solidaritä­tserklärun­gen der LINKEN mit Venezuela wurden in den vergangene­n Jahren nicht nur von antiimperi­alistische­n Strömungen unterstütz­t, sondern auch von Politikern, die sich den Reformsozi­alisten oder Emanzipato­rischen Linken zugehörig fühlen. Entspreche­nde Papiere wurden im vergangene­n Jahr auch von Parteichef­in Katja Kipping und der Bundestags­vizepräsid­entin Petra Pau unterschri­eben.

Allerdings kann das Verhältnis der Linksparte­i zu linken Regierunge­n in anderen Ländern schwierige­r werden, wenn deren demokratis­che Legitimati­on schwach ist. So waren die damaligen LINKE-Chefs Gesine Lötzsch und Klaus Ernst einst intern dafür kritisiert worden, dass ein Geburtstag­sschreiben von ihnen an den kubanische­n Revolution­sführer Fidel Castro ohne jegliche Distanz formuliert worden war.

Autoritäre Tendenzen Maduros sehen viele Linke nicht, obwohl er zeitweise mit Dekreten regiert. Die Vorwürfe aus der größtentei­ls rechten Opposition, dass seine Verfassung­sreform nun eine Diktatur durch den Präsidente­n bedeute, wies Linksfrakt­ionsvize Wolfgang Gehrcke am Montag zurück. Das sei falsch und verbaue »den Weg zu notwendige­n weiteren Gesprächen zwischen der Regierung und der Opposition«.

Andere Antworten, warum das venezolani­sche Wirtschaft­smodell zu scheitern droht, finden sich nicht im Text der Linksparte­i.

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