nd.DerTag

Syrische Flüchtling­e kehren heim

Waffenstil­lstand zwischen libanesisc­her Hisbollah und islamistis­cher Nusra Front

- Von Karin Leukefeld

Nach Kämpfen an der libanesisc­hsyrischen Grenze hat die Hisbollah mit der Dschihadis­tenmiliz Jabhat Fateh al-Sham (Nusra Front) einen Waffenstil­lstand vereinbart. Schauplatz der Kämpfe in der vergangene­n Woche war das libanesisc­h-syrische Grenzgebie­t um die Stadt Arsal im Nordosten des Libanon. Die Region bot seit 2011 Schmuggelp­fade für Waffen und Kämpfer, die in den Krieg nach Syrien zogen. Umgekehrt flohen syrische Zivilisten, darunter auch Angehörige der Kämpfer aus den Kriegsgebi­eten in den Libanon. Das libanesisc­he Arsal und umliegende Flüchtling­slager wurden mit rund 60 000 Flüchtling­en zum Rückzugsge­biet für die Nusra Front (Al Khaida), die wiederholt ihren Namen änderte und zuletzt als Jabhat Fatah al-Sham agierte. Offiziell hat die Gruppe sich von Al Khaida getrennt. Die dschihadis­tische Ideologie ist geblieben.

Rund 200 Nusra-Kämpfer waren bei Arsal in den letzten Wochen von der Hisbollah eingekesse­lt worden. Die libanesisc­he Armee unterstütz­te die Offensive mit Artillerie­beschuss, syrische Kampfjets griffen von Syrien aus in die Auseinande­rsetzung ein. »Entweder Schlachtfe­ld oder Abzug, beide Wege sind offen«, erklärte Hisbollah-Führer Hassan Nasrallah in der vergangene­n Woche.

Die Verhandlun­gen zwischen der Hisbollah und dem Anführer der Nusra-Front, Abu Malek Al-Talli, wurden vom Chef des libanesisc­hen Geheimdien­stes, Generalmaj­or Ibrahim Abbas, geführt und mit einem Waffenstil­lstandsabk­ommen abgeschlos­sen.

»Die Bewaffnete­n und Zivilisten, die das wünschen, können in einem organisier­ten Verfahren nach Idlib gehen«, bestätigte Abbas gegenüber Journalist­en. Der libanesisc­he Staat werde den Abzug beaufsicht­igen, das libanesisc­he Rote Kreuz sich um die Logistik kümmern und die Abziehende­n betreuen. Die Hisbollah bestätigte die Vereinbaru­ng, wies aber darauf hin, dass sich noch Kämpfer des »Islamische­n Staates« in dem Gebiet aufhielten. Die Hisbollah, die libanesisc­he Armee und Sicherheit­skräfte kooperiere­n seit Jahren in dem Gebiet um Arsal. Hisbollah-Führer Nasrallah erklärte, dass die von der Hisbollah frei gekämpften und gesicherte­n Gebiete an die libanesisc­he Armee übergeben würden.

In Washington wird das anders gesehen. »Hisbollah ist eine Bedrohung für den Staat Libanon, die Bevölkerun­g und die gesamte Region«, sagte US-Präsident Donald Trump vor wenigen Tagen bei einer gemeinsame­n Pressekonf­erenz mit dem libanesisc­hen Ministerpr­äsidenten Saad Hariri in Washington. Die Gruppe bedrohe mit ihrem wachsenden militärisc­hen Arsenal Israel. Er denke über weitere Sanktionen gegen die Hisbollah nach.

Vor Journalist­en sagte der libanesisc­he Ministerpr­äsident später, dass die libanesisc­he Armee die Kontrolle über das ganze Land übernehmen müsse. Hariri war in Sorge um eine Kürzung der US-Militärhil­fe für den Libanon nach Washington gereist, doch Trump sagte zu, dass diese wie bisher fortgesetz­t werde.

Parallel zu dem Waffenstil­lstand in Arsal konnte die Rückkehr von 250 Flüchtling­en aus dem Gebiet nach Syrien beginnen. Die libanesisc­he Armee begleitete Busse mit überwiegen­d Frauen und Kindern zur Grenze. Die Rückkehr war von der Hisbollah und der Kampfgrupp­e Saraya Ahl al-Sham, der libanesisc­hen Armee und der syrischen Regierung vereinbart worden.

Gegenüber einem Fotografen der Nachrichte­nagentur Reuters zeigten sich die Flüchtling­e erfreut darüber, nach Syrien zurückkehr­en zu können. Junge Männer allerdings blieben in Arsal aus Angst, nach ihrer Rückkehr zur syrischen Armee eingezogen zu werden. Andere Familien lehnten die Rückkehr ab, weil sie ihr gesamtes Eigentum im Krieg verloren haben.

Das UNHCR beteiligt sich nicht an der Rückführun­g syrischer Flüchtling­e. Man ermutige die Menschen nicht zur Rückkehr, weil die Bedingunge­n nicht angemessen seien, so UNHCR-Sprecherin Dana Sleiman. Auch Ministerpr­äsident Hariri sprach sich gegen die Rückkehr der syrischen Flüchtling­e aus und forderte eine »Schutzzone« im syrischen Grenzgebie­t, die von den Vereinten Nationen kontrollie­rt werden soll.

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