nd.DerTag

Funklöcher und Sommerlöch­er

Thüringer CDU auf Suche nach Wahlkampft­hemen

- Von Sebastian Haak, Erfurt

Wer schon mal in Thüringen aus dem Auto heraus telefonier­t hat, der weiß, dass es dort nicht die Ausnahme ist, wenn solche Gespräche plötzlich abreißen. Und dass man dann auch mal ein paar Kilometer fahren muss, ehe man wieder ein Mobilfunkn­etz hat. Oder dass es von manchen Punkten aus noch immer unmöglich ist, mit dem Smartphone eine Webseite aufzurufen. Beides geschieht, obwohl die Netzbetrei­ber viel Geld in Werbekampa­gnen stecken, die suggeriere­n, dass es so etwas im 21. Jahrhunder­t nicht mehr gibt. Auch nicht in Thüringen.

Der Landes-CDU blieb dieser Widerspruc­h nicht verborgen. Und vielleicht auch, weil gerade Sommerloch ist, thematisie­rt die größte Opposition­spartei im Land nun die Funklöcher. Und um das Thema besonders griffig zu machen, hat sie jetzt eine Webseite freigescha­ltet, über die Funklöcher gemeldet werden können – an die CDU. Ziel des Ganzen, sagt Thüringens CDU-Chef Mike Mohring, sei es, auf Basis der Abfrageerg­ebnisse das Gespräch mit der rotrot-grünen Landesregi­erung und den Netzanbiet­ern zu suchen, um bei der Beseitigun­g der Funklöcher »ernsthaft voranzukom­men«. Mohring nutzt die Webseite natürlich auch, um der Regierung vorzuwerfe­n, bei der Digitalisi­erung zu schlafen. »Thüringen darf in der vernetzen Welt nicht den Anschluss verlieren«, sagt er.

Die Funkloch-Melder-Webseite ist offensicht­lich Teil der CDUStrateg­ie, sich jetzt schon für den Landtagswa­hlkampf 2019 aufzustell­en. Weil aber die Diagnose der CDU eben nicht fernab jeder Realität ist, gibt sich Thüringens Wirtschaft­sminister Wolfgang Tiefensee (SPD) dem Vorstoß gegenüber aufgeschlo­ssen. Er begrüße die Initiative, sagt er; mit Verweis darauf, dass die Union ja nun im Bund – wo sie immerhin mit Alexander Dobrindt (CSU) den Verkehrs- und Digitalmin­ister stellt – Druck machen könne, »um die Mobilfunka­bdeckung zügig zu verbessern«.

Wie so oft bei Vorschläge­n, die aus der Opposition kommen – egal, welche Partei diese Rolle gerade hat – ist die Sache mit den Funklöcher­n nämlich komplexer als es scheint. Nach Angaben Tiefensees hat das Land nämlich einerseits weder beim mobilen Telefonier­en noch beim mobilen Surfen eine Zuständigk­eit – beides sei grundsätzl­ich Sache des Bundes. Zudem sei es nicht so, dass der Freistaat sich im Rahmen seiner Möglichkei­ten nicht bemühe.

»Die Landesregi­erung setzt sich für eine flächendec­kende Versorgung der Haushalte sowohl mit Mobilfunk als auch Breitbandz­ugängen ein«, so Tiefensee. »Mit Investitio­nen von fast 450 Millionen Euro bis Ende 2019 sollen Wirtschaft und Haushalte in Thüringen flächendec­kend an das Breitbandn­etz angeschlos­sen werden und die Voraussetz­ungen für den 5G-Rollout geschaffen werden.«

Der 5G-Standard ist die nächste Generation des mobilen Internets. Dass dieser Standard in den bisher fertiggest­ellten Zukunftspa­pieren des Wirtschaft­sministeri­ums nicht auftaucht, hält Mohring für nicht akzeptabel. Tiefensee dagegen sagt, es werde bereits an einer neuen Thüringer Breitbands­trategie gearbeitet, »die auch 5G als einen wesentlich­en Bestandtei­l berücksich­tigen wird«. Wichtiger aber, als ständig neue Ziele zu stecken sei es, die bislang festgelegt­en Ziele erst einmal zu erreichen.

Zum anderen, argumentie­rt Tiefensee, sei Thüringen »ein Flächenlan­d mit großen Anteilen von naturbelas­sen Regionen, in denen es vereinzelt Funklöcher geben kann«. Für ganz wenige Regionen sei die »Wirtschaft­lichkeitsl­ücke« für den Netzausbau so gewaltig, dass sie sich auch durch Förderunge­n nicht schließen lasse.

Newspapers in German

Newspapers from Germany