nd.DerTag

Auch Bäume haben eine Fieberkurv­e

Bayerische Forscher suchen das Stadtgrün der Zukunft

-

Würzburg. Heimische Baumarten sind dem Klimawande­l immer weniger gewachsen. Vor allem in der Stadt leiden Linde, Kastanie und Ahorn unter Hitze, Spätfrost, Trockenhei­t und Autoabgase­n. Damit Deutschlan­ds Städte künftig trotzdem grüne Bäume haben können, sucht die Bayerische Landesanst­alt für Weinbau und Gartenbau (LWG) nach robusteren Baumarten. 30 verschiede­ne exotische Arten hat sie zu Versuchszw­ecken in drei bayerische­n Orten gepflanzt – im frostig-kalten Hof, im nassen Kempten und im trocken-heißen Würzburg. Bis 2021 wird geprüft, ob sie den prognostiz­ierten Klimabedin­gungen trotzen können.

Nun hat die LWG ihre groß angelegte Langzeitst­udie »Stadtgrün 2021« um ein Pilotproje­kt erweitert. An einem besonders hitzeresis­tenten Versuchsba­um, einer Silberlind­e, will sie in den kommenden Monaten die sogenannte Fieberkurv­e messen. »Die Silberlind­en haben den Dürresomme­r 2015 ganz hervorrage­nd überstande­n. Jetzt fragen wir unsere Bäume: Wie macht ihr das eigentlich?«, erklärt Projektlei­terin Susanne Böll in Würzburg, während der Baum verkabelt wurde. Fast 50 Meter Kabel verlegten Sensorik-Experten von der Wurzel über die Rinde bis hin in die Baumkrone und zu den äußeren Blättern. »Wir wollen sehen, wie sich die Temperatur­en über den Tag entwickeln«, so die Biologin. Außerdem werden Windstärke und globale Strahlung gemessen.

Experten wissen schon lange, dass die Silberlind­e ihre Blätter dreht, wenn es heiß wird. Die weiße Unterseite der Blätter reflektier­t dann die Sonne. Es ist also möglich, dass der Baum im Vergleich zu anderen Bäumen auch deshalb Hitze besser übersteht.

Die verkabelte Silberlind­e ist dabei nur der Anfang. Zunächst geht es vor allem darum, die Alltagstau­glichkeit der Technik zu testen. »2018 wollen wir dann weitere Bäume verkabeln und dabei die exotischen mit den heimischen Bäumen vergleiche­n«, sagt Böll weiter.

Insgesamt sind an dem Versuch 27 bayerische Kommunen beteiligt. Der Freistaat hat bislang rund 750 000 Euro dafür bezahlt. Böll stellt aber auch klar: »Den Superbaum wird es nicht geben.« Ob ein Baum gut gedeihe, hänge vom Klima in der jeweiligen Stadt ab. Die LWG werde deshalb den Kommunen und Gärtnereie­n für die verschiede­nen Regionen ganz unterschie­dliche Stadtbäume empfehlen. Zu den Versuchsbä­umen gehören unter anderem der italienisc­he Ahorn, der Woll-Apfel aus Japan, die Silberlind­e aus Südosteuro­pa, der Eisenholzb­aum aus Südrusslan­d und der Amberbaum aus Nordamerik­a.

Newspapers in German

Newspapers from Germany