nd.DerTag

Fluchtursa­chen bekämpfen statt Waffen

»Unter Trump mehr zivile Todesopfer«, 18.7., S. 7

- Gesina Braun, Spremberg

In Kolonialhe­rrenmanier, Astana und Genf ignorieren­d, haben die Präsidente­n Macron und Trump bei ihrem Treffen in Paris am 14. Juli koordinier­tes Handeln in Syrien verabredet, Militärsch­läge inklusive. Ein Umdenken im politische­n Vorgehen angesichts der Trümmerfel­der von Aleppo und Mossul sowie der zahllosen Terror- und Kriegsopfe­r allein im Nahen und Mittleren Osten ist nicht erkennbar.

Bilder über die Rückerober­ung Mossuls mit massiver militärisc­her Unterstütz­ung der US-geführten Koalition zeigen irakische Militärs im Siegesraus­ch. Was unter Kriegsverb­rechen fällt und was Kollateral­schäden sind, werden die Sieger noch festlegen. Die Taktik des IS, Zi- vilisten als menschlich­e Schutzschi­lde zu missbrauch­en, habe die Einnahme Mossuls erschwert und verzögert, heißt es. Doch genau diese menschenve­rachtende Taktik haben der IS in Syrien und die mit ihm kooperiere­nden Rebellen- und Milizenver­bände schon in Aleppo praktizier­t. Und das mit Erfolg!

Für die Angriffe auf Hilfskonvo­is und Fluchtkorr­idore sowie für den Einsatz von Chemiewaff­en machten die von westlicher Seite finanziert­en Weißhelme und »Aktivisten« von vornherein die Assad-Regierung und russisches Militär verantwort­lich. Und ohne Recherche und Aufklärung abzuwarten, übernahmen Medien und Politiker diese Behauptung. Dass die syrische Regierung die UN-Organisati­on zum Schutz vor Chemiewaff­en (OPCW) mehrmals vergeblich nach Syrien eingeladen hat, um durch Untersuchu­ngen vor Ort die Schuldigen am Einsatz von chemischen Kampfstoff­en zu ermitteln, hat die UN-Botschafte­rin der USA in wortgewalt­igen Statements stets abgeschmet­tert. Zudem fällt auf, dass die Rebellen- und Milizenver­bände, die mit der US-geführten Allianz kooperiere­n, weder an den Verhandlun­gen in Astana noch an denen in Genf teilnehmen dürfen. Und für Brüssel und Berlin scheint es die Vereinbaru­ngen von Astana auch gar nicht zu geben. Kein Wunder also, dass die Genfer Syriengesp­räche regelmäßig auf den Sankt-Nimmerlein­s-Tag verschoben werden.

Fluchtursa­chen den Kampf ansagen und Menschenle­ben zu retten hieße doch vorrangig, von den Konfliktpa­rteien bedingungs­los Verhandlun­gs- und Kompromiss­bereitscha­ft einzuforde­rn, die Arbeit der Versöhnung­skomitees in den syrischen Deeskalati­onszonen voranzubri­ngen und für die Einhaltung der Waffenstil­lstände zu sorgen. Für die noch Lebenden, Geretteten und Geflüchtet­en wäre die Umsetzung dieser Maßnahmen nützlicher als Machtdemon­strationen, Flüchtling­sdeals sowie Statistike­n und Bilder von Terror- und Kriegsopfe­rn in Syrien, Irak und anderswo.

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