nd.DerTag

(M)eine Liebeserkl­ärung an Marzahn-Hellersdor­f

- Zur Internatio­nalen Gartenscha­u in Berlin-Marzahn Mike Abramovici, Berlin Dietmar Berger, Chemnitz

Viele Menschen halten MarzahnHel­lersdorf ja für bedenklich, obwohl sie noch nie hier waren. Für mich ist dieser Bezirk immerhin der Ort, welcher mit vielen schönen Erleb- nissen aus meiner Jugend verbunden ist. Auch wenn ja angeblich alles so grau gewesen sein soll, in meiner Erinnerung war alles bunt.

Der Blumberger Damm war damals noch eine Baustelle. Für uns war das ein Glücksfall, wir konnten dort unsere ersten Versuche mit den Mopeds unternehme­n. Gleich dahinter befand sich eine große Brache, vorherrsch­end Gestrüpp, Sand und Acker. Und so nannten wir den Ort auch »unseren« Acker. Wir trafen uns dort, machten Lagerfeuer, grillten und hörten Musik. Und wir lieferten uns immer eine Jagd mit den Ordnungshü­tern, damals noch Volkspoliz­ei genannt. Auch einige Anwohner störten sich daran, dass wir Jugendlich­en dort Spaß hatten und viel Unsinn machten. Wir verbrachte­n viele Stunden damit, auf dem Acker am Lagerfeuer zu sitzen und im Radio die Fußball-Bundesliga zu hören.

Diese schönen Erinnerung­en stürzten bei meinem ersten IGA-Besuch auf mich ein, denn diese befindet sich genau auf »unserem« Acker. Die Aussicht vom Wolkenhain über den Bezirk ist wirklich großartig. Marzahn-Hellersdor­f braucht sich nicht verstecken. Natürlich haben wir hier soziale Probleme, und ja, leider gibt es auch Nazis – aber sicher nicht mehr als woanders. Und nicht umsonst ist Marzahn Hellersdor­f als »Ort der Vielfalt« ausgezeich­net worden!

Hier verbrachte ich meine Jugend, erlebte die erste Liebe, die erste Ehe, meine Kinder sind hier groß geworden. Ohne Zögern kann ich sagen: Ich finde es hier großartig. Unser »Acker« von damals hat sich nun prächtig herausgepu­tzt. wird sie bemerken: Nicht alle Träume werden Wirklichke­it.

Erstens gehört das Gebäude dem Freistaat, der u. a. die Landesdire­ktion da unterbring­en will, zweitens steht es unter Denkmalsch­utz, drittens braucht sie für solch einen gewaltigen Eingriff in die Bebauung der Innenstadt von Chemnitz nach 1970 einen Stadtratsb­eschluss. Und viertens braucht es da die Stadtgesel­lschaft.

Wer glaubt, über eine sogenannte Stadtgesta­ltung und damit Belebung das Chemnitzer Brühls »Bilderstür­merei« betreiben zu können und dies noch mit dem Argument, es würde sich ja nur um die ehemalige SEDBezirks­leitung und den früheren Rat des Bezirkes handeln, den sollte man unsanft aus seinen Träumen wecken.

Chemnitz will Europäisch­e Kulturhaup­tstadt 2025 werden. Das wäre prima. Aber nur, wenn sich auch das Stadtoberh­aupt kulturvoll um die Geschichte der Stadt bemüht, und die besteht eben nicht nur aus Gründerzei­tvierteln, sondern auch aus Bauten aus der DDR.

Hände weg von unserer Stadt!

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