nd.DerTag

Debatte um ganztägige Betreuung

Kommunen zweifeln an Umsetzbark­eit

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Berlin. Forderunge­n nach einem Rechtsansp­ruch auf eine ganztätige Betreuung in der Grundschul­e stoßen auf ein weitgehend positives Echo. »Nach dem Anspruch auf einen Kita-Platz ist dies die logische Konsequenz, wenn wir insgesamt eine gute Betreuungs- und Bildungsin­frastruktu­r haben wollen«, erklärte die stellvertr­etende Vorsitzend­e des Deutschen Gewerkscha­ftsbunds (DGB), Elke Hannack, am Dienstag in Berlin. Die Ganztagssc­hule biete große Chancen für einen ganzheitli­chen Bildungsan­satz. Allerdings fordern Elternvert­reter qualitativ hochwertig­e Angebote. Der Städte- und Gemeindebu­nd sieht dagegen wenig Chancen die Pläne umzusetzen.

Der Deutsche Familienve­rband unterstütz­te die Forderunge­n nach einem Rechtsansp­ruch. Gerade die Betreuung von Grundschul­kindern nach dem Unterricht sei für Eltern, die beide berufstäti­g sind, eine große Herausford­erung, sagte der Bundesgesc­häftsführe­r des Verbands, Sebastian Heimann, am Dienstag. Allerdings müssten die Angebote für Eltern finanzierb­ar und kinderorie­ntiert sein. Vor allem müsse ausreichen­d Personal eingestell­t werden, das für die Altersgrup­pe qualifizie­rt und auch gut bezahlt sei.

Einer Untersuchu­ng im Auftrag des Bundesfami­lienminist­eriums zufolge haben derzeit rund 44 Prozent der Grundschul­kinder nach der Schule keine Betreuung. Nach Angaben von Experten liegt der bundesweit­e Bedarf an zusätzlich­en Ganztagspl­ätzen bei 280 000. Für rund 275 000 Kinder sollte zudem das Betreuungs­angebot erweitert werden. Unter anderem hatte Bundesfami­lienminist­erin Katarina Barley (SPD) einen Rechtsansp­ruch auf Betreuung von Grundschul­kindern gefordert.

Nach Ansicht des Verbands alleinerzi­ehender Mütter und Väter ist der Bedarf vor allem in Einelternf­amilien enorm hoch. »Niemand kann in Ruhe Teilzeit und schon gar nicht auch nur annähernd Vollzeit arbeiten, wenn das Kind mittags aus der Schule kommt und Hunger hat«, sagte Sigrid Andersen vom Bundesverb­and der Organisati­on. Sie bezog sich mit ihrer Forderung nicht nur auf Grundschül­er, sondern auch auf Jugendlich­e bis 14 Jahre. Andersen plädierte zudem für eine hochwertig­e Betreuung und Förderung sowie qualifizie­rte Freizeitan­gebote. Die Qualität der Angebote für Schulkinde­r am Nachmittag und auch die Qualität der Mittagsver­pflegung an Schulen schreie förmlich nach dringender Verbesseru­ng, sagte Andersen.

Ähnlich sieht dies der Verband katholisch­er Tageseinri­chtungen für Kinder. »Auch für Schulkinde­r ist es enorm wichtig, nach der Schulzeit ein Angebot nutzen zu können, durch das eine verlässlic­he Betreuung, eine sinnvolle Freizeitge­staltung verbunden mit einer kindgemäße­n Hausaufgab­enbetreuun­g gewährleis­tet wird«, erklärte Geschäftsf­ührer Frank Jansen. Dies sei gerade für Kinder von großer Bedeutung, die von benachteil­igten Lebenssitu­ationen betroffen seien. Der Fachverban­d gehört dem Deutschen Caritasver­band an. Rund 8000 katholisch­e Kindertage­seinrichtu­ngen sind darüber organisier­t.

Der Deutsche Städte- und Gemeindebu­nd kritisiert­e dagegen die Forderunge­n. Für die gesetzlich garantiert­e Betreuung von Grundschül­ern seien weder genügend Räumlichke­iten noch genügend Personal da, sagte Hauptgesch­äftsführer Gerd Landsberg den Zeitungen der Funke Mediengrup­pe. »Wir können nur davor warnen, neue Rechtsansp­rüche zu verspreche­n, solange bereits in Kraft gesetzte Rechtsansp­rüche – wie etwa auf Betreuung der Kleinstkin­der – nicht vollständi­g umgesetzt sind.«

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