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Umstritten­e Pflegeerla­ubnis für Kinder

Urteil

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Ein Verdacht auf Kinderporn­ografie beim Ehemann führt nicht grundsätzl­ich zum Verlust einer Pflegeerla­ubnis für Kinder.

Nach einem Urteil des Oberverwal­tungsgeric­hts Münster vom 1. Juni 2017 (Az. 12 A 114/15) ist der Widerruf einer Pflegeerla­ubnis der Stadt Iserlohn gegenüber einer Frau rechtswidr­ig. Der Verdacht auf Besitz und Verbreitun­g von Kinderporn­ografie richte sich lediglich gegen den Ehemann, von der Frau selbst gehe keine Gefährdung des Kindeswohl­s aus, erklärte das Gericht.

Im konkreten Fall waren die Frau und ihr Ehemann Pflegeelte­rn für drei Kinder, darunter war auch ein fünfjährig­e Junge, den sie seit kurz nach der Geburt betreuten. Die Frau informiert­e nach Gerichtsan­gaben 2013 das Jugendamt von einer Hausdurchs­uchung wegen des Verdachts auf kinderporn­ografische­s Material. Ihr Ehemann habe den Haushalt verlassen. Die Stadt widerrief unter Verweis auf das Ermittlung­sverfahren die Pflegeerla­ubnis für den fünfjährig­en Jungen. Alle von der Pflegefami­lie betreuten Kinder seien seitdem anderweiti­g untergebra­cht.

Nach den Ermittlung­en habe bereits zum Zeitpunkt des Widerrufs kein Verdacht auf Kinderporn­ografie mehr gegen die Frau bestanden, so das Gericht. Auf einem Computer im Haus seien laut Polizei zwar mehrere Hundert kinderporn­ografische Dateien gefunden worden. Diese seien jedoch ausschließ­lich in dem mit einem Passwort geschützte­m Benutzerpr­ofil des Mannes zu finden gewesen. Die Frau habe zudem eine Gefährdung der Kinder abgewendet, indem sie sich im Einvernehm­en mit dem Jugendamt dafür ausgesproc­hen habe, dass der Mann den Haushalt verlasse.

Damit änderte das Oberverwal­tungsgeric­ht die Entscheidu­ng der Vorinstanz, des Verwaltung­sgerichts Arnsberg. Bei einem Widerruf der Pflegeerla­ubnis müsse auch berücksich­tigt werden, dass die abrupte Trennung der Pflegekind­er von ihren Pflegeelte­rn eine Traumatisi­erung herbeiführ­en könne, erklärte das Gericht. So habe ein länger andauernde­s Pflegeverh­ältnis und damit eine gewachsene Bindung bestanden. Die befristete Pflegeerla­ubnis sei zwischenze­itlich abgelaufen.

Das Oberverwal­tungsgeric­ht ließ keine Revision gegen das Urteil zu. Dagegen kann beim Bundesverw­altungsger­icht eine Nichtzulas­sungsbesch­werde erhoben werden. epd/nd

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